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Artikel

Bosch: Durchdacht und pragmatisch umsetzen

bAV-Konferenz 2025: Bosch zeigt Wege zur fairen Vergütung

3. Dezember 2025

Unternehmen sollten sich jetzt auf die Umsetzung der Vorgaben der Entgelttransparenzrichtlinie vorbereiten. Bosch ist dafür ein gutes Beispiel.
Retirement|Total Rewards|Pay Equity and Pay Transparency
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Verschärfte Anforderungen

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie muss bis 7. Juni 2026 auch in Deutschland in nationales Recht überführt werden; mit aller Voraussicht geschieht dies durch eine Überarbeitung des Entgelttransparenzgesetzes. Wesentliches Ziel ist die konsequente Durchsetzung einer geschlechtsunabhängigen Entgeltgleichheit. Die Anforderungen an Unternehmen werden dabei weiter verschärft.

So haben Bewerber künftig das Recht, über das Einstiegsgehalt bzw. die Gehaltsspanne für eine ausgeschriebene Stelle informiert zu werden. Mitarbeitenden muss auf Wunsch Auskunft über ihre individuelle Entgelthöhe und über die durchschnittliche Entgelthöhe von Kolleginnen und Kollegen erteilt werden, die eine gleiche bzw. gleichwertige Arbeit ausüben. Zudem sind Unternehmen ab einer bestimmten Mitarbeitendenzahl gefordert, regelmäßig über Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen zu berichten.

Einen Unterschied bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit von über fünf Prozent müssen die Unternehmen auch erklären können. Als objektive Kriterien nennt die Richtlinie dafür Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Beschäftigungsbedingungen. Bleibt ein „unexplained gap“ können Mitarbeitende einen Anspruch auf Schadenersatz gerichtlich geltend machen. Zudem fordert die Richtlinie, bei Nichtbeachtung der Vorgaben Arbeitgeber mit einem Bußgeld zu sanktionieren.

Bereits heute können Schadenersatzansprüche angemeldet werden, wenn etwa eine Mitarbeiterin vermutet, diskriminierend vergütet zu werden; dazu reicht der Hinweis auf einen einzigen Kollegen, der trotz gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit mehr als sie selbst verdient. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 23. Oktober 2025 klargestellt und sich dabei auf geltendes Unionsrecht bezogen. Die Entgelttransparenzrichtlinie geht sogar einen Schritt weiter und führt eine Beweislastumkehr zugunsten von Mitarbeitenden ein.

Vergütungsgerechtigkeit im Fokus

Unternehmen sollten das Thema Vergütungsgerechtigkeit schon jetzt ernst nehmen, um compliant zu sein. Das Technolgieunternehmen Bosch sieht darin jedoch auch viele Chancen – etwa im Einklang mit Unternehmenswerten wie Offenheit, Fairness und Chancengerechtigkeit zu vergüten, die Attraktivität als Arbeitgeber zu stärken, Mitarbeitende noch besser zu gewinnen, zu binden und zu motivieren und insgesamt allen Mitarbeitenden Wertschätzung zu signalisieren.

Eine Chance liegt für Bosch auch darin, Unstimmigkeiten in den Vergütungssystemen und der Vergütungspraxis noch besser zu erkennen und zu beseitigen. Das Unternehmen hat mit WTW deshalb für drei Pilotländer ein Projekt durchgeführt, um eventuelle Gender Pay Gaps zu erkennen, vorerst mit Blick auf die Vergütung im engeren Sinne (also ohne Nebenleistungen). Das Projektteam hat dazu ein marktführendes digitales Pay-Equity-Tool genutzt. Die Ergebnisse wurden in einem Bericht zusammengefasst – mit Hinweisen zu ggf. bestehenden Auffälligkeiten, deren Bewertung, auch unter Berücksichtigung objektiver Kriterien, Vorschlägen für übergeordnete bzw. individuelle Maßnahmen sowie mit möglichen nächsten Schritten und Empfehlungen.

Herausforderung bAV

Die Entgelttransparenzrichtlinie fasst den Begriff Entgelt recht weit. Neben der Vergütung im engeren Sinne gehören dazu etwa auch Benefits wie die betriebliche Altersversorgung (bAV). Damit befasst sich Bosch in einem weiteren Projekt. Vieles ist aber weiterhin offen.

Pay Transparency wird die Benefits von Unternehmen langfristig verändern, aber nicht kurzfristig revolutionieren.”

Claudia Meusers | Head Of General Consulting Reutlingen

Unterschiedliche Zusagearten, Finanzierungsarten und Durchführungswege machen es schwer, den jeweiligen materiellen Wert für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vergleichbar zu machen und in ein einheitliches Berichtsformat zu bringen. Doch wonach bemisst sich dieser Wert übehaupt? Stellt man auf die Arbeitgeberbeiträge oder auf die erwarteten finanziellen Leistungen ab? Wie geht man mit Altzusagen um? Und stellt es bereits eine mittelbare Benachteiligungen von Frauen dar, wenn die Beitragsbemessung und die Leistungsberechnung der bAV auf Basis des Gehalts erfolgt? So arbeiten zum Beispiel deutlich mehr Frauen in Teilzeit oder unterbrechen ihr Erwerbsleben, um sich um ihre Kinder oder weitere Angehörige zu kümmern. Dies hat nicht nur Einfluss auf die Höhe ihres Gehalts, sondern auch auf ihre bAV. „Pay Transparency wird die Benefits von Unternehmen langfristig verändern, aber nicht kurzfristig revolutionieren“, so Claudia Meusers, Head of General Consulting Reutlingen bei WTW.

Erschwert wird die Lage, weil die Daten zur bAV in der Regel an unterschiedlichen Stellen vorgehalten werden, etwa in der Entgeltabrechnung, im HR-Bereich, bei Versorgungswerken und Versicherern und bei Pensionskassen oder Pensionsfonds. Um diese Daten wie gewünscht geschlechterbezogen vergleichbar und berichtsfähig zu machen, müssen sie zusammengestellt und systematisiert werden.

Jetzt handeln

Unternehmen sollten sich jetzt mit der Entgelttransparenzrichtlinie und dem Kommissionsbericht befassen.

Aus heutiger Sicht ist noch unklar, wie die Umsetzung in nationales Recht konkret aussieht und natürlich auch, wie sich die nachfolgende Rechtsprechung gestaltet. Immerhin will die Bundesregierung den bürokratischen Aufwand für Unternehmen so gering wie möglich halten; eine Kommission hat dazu jetzt einen umfassenden Bericht vorgelegt. Was daraus gemacht wird, bleibt jedoch ebenfalls noch offen.

Es führt kein Weg daran vorbei: Um eine durchdachte und zugleich pragmatische Umsetzung im Unternehmen sicherzustellen, müssen wir uns bereits jetzt intensiv mit den Anforderungen der Entgelttransparenzrichtlinie beschäftigen.”

Songül Saglik | Referentin für betriebliche Versorgungsleistungen Bosch

Bei allen Unklarheiten: Unternehmen sollten sich jetzt mit der Entgelttransparenzrichtlinie und dem Kommissionsbericht befassen und auf Basis des bisher Bekannten pragmatische Lösungen finden. Denn bis Unternehmen juristisch in der Pflicht sind, bleibt nicht mehr viel Zeit. „Es führt kein Weg daran vorbei: Um eine durchdachte und zugleich pragmatische Umsetzung im Unternehmen sicherzustellen, müssen wir uns bereits jetzt intensiv mit den Anforderungen der Entgelttransparenzrichtlinie beschäftigen“, so Songül Saglik von Bosch.

Kontakte


Songül Saglik
Referentin für betriebliche Versorgungsleistungen Bosch

Director Retirement, Head of General Consulting Reutlingen

Thema

Fair Pay und Geschlechtergerechtigkeit im Fokus

Weltweit fordern Regierungen von Unternehmen mehr Vergütungstransparenz. Mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie hat die EU den Rahmen für nationales Recht vorgegeben.

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