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Artikel | HR Perspectives

Entgelttransparenz-gesetz: Die Zeit drängt

16. Oktober 2023

Die neue EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz wird wohl bis 2026 in nationales Recht umgesetzt. HR stellt sich am besten jetzt darauf ein.
Ukupne nagrade |Employee Experience|Compensation Strategy & Design
The Future of Work and Rewards – aktuelle Themenreihe 2023

Mehr Pflichten für Unternehmen

Männer und Frauen sollen für gleiche oder gleichwertige Arbeit gleich vergütet werden. Eigentlich ist dies eine Selbstverständlichkeit. Doch der bereinigte Gender Pay Gap beträgt in Deutschland laut Statistischem Bundesamt noch 7 Prozent; EU-weit zeigt sich ein ähnlich negatives Bild.

Um dieses Bild zu verbessern und eine geschlechtergerechte Vergütung konsequent zu verwirklichen, hat die EU im März 2023 eine neue Richtlinie zur Entgelttransparenz verabschiedet. Die EU-Mitgliedsstaaten sind gefordert, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, voraussichtlich spätestens bis Juni 2026.

Unternehmen mit mindestens 150 Mitarbeitenden müssen dann 2027 für 2026 ihre Gender Pay Gaps berichten, gesamthaft und mit Blick auf einzelne Mitarbeitergruppen. Unternehmen stehen dann auch in der Pflicht, für diskriminierungsfreie, nachvollziehbare und transparente Vergütungsstrukturen zu sorgen und sowohl Mitarbeitende als auch Bewerber entsprechend zu informieren.

Jetzt heißt es handeln

Unternehmen sollten das Gesetzesvorhaben nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn wer „Mut zur Lücke“ zeigt, wird dafür die Folgen tragen:

  • Ab einem bereinigten Gender Pay Gap von 5 Prozent innerhalb einer Mitarbeitergruppe müssen sie die Arbeitnehmervertreter darüber informieren und mit ihnen die Lage klären und verbessern.
  • Mitarbeitende, die im Sinne der Richtlinie diskriminiert wurden, haben das Recht auf eine Entschädigung.
  • Verstöße gegen die Richtlinie können mit Geldbußen belegt werden.
  • Zudem leidet die Reputation von Unternehmen mit markanten Gender Pay Gaps bei Mitarbeitenden, Investoren und Geschäftspartnern.

Unternehmen müssen also mit hohen Anforderungen und Risiken rechnen. Allerdings geben auch 35 Prozent der Teilnehmer des „2023 WTW Pay Transparency Survey“ an, dass sie sich noch nicht auf die EU-Richtlinie vorbereitet hätten, weil es dafür aus ihrer Sicht zu früh sei. Doch die Zeit drängt: Bis 2026 haben Unternehmen viel zu tun, die ihr Vergütungssystem und ihr Berichtswesen anforderungsgerecht ausrichten sowie eventuelle individuelle Gender Pay Gaps schließen wollen.

Ihre Roadmap bis 2026

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen hier noch Handlungsbedarf sehen, bietet sich Ihnen die folgende Roadmap an:

4. Quartal 2023 – Ambition

Machen Sie sich mit den anstehenden Anforderungen vertraut. Konkretisieren Sie Ihre Ziele und den Weg dahin. Verhelfen Sie dem Thema zu einer hohen Aufmerksamkeit bei relevanten Stakeholdern wie Ihrem Top-Management, auch, um rechtzeitig entsprechende Budget-Fragen zu klären.

2024/2025 – Analyse

Identifizieren Sie eventuelle individuelle Gender Pay Gaps. Überprüfen Sie Ihre Vergütungsstrukturen und -prozesse und die zugrunde liegende Job-Architektur, um Ihren Handlungsbedarf zu erkennen. Starten Sie mit einem Pilotprojekt, lassen Sie dann eine EU-weite Analyse folgen.

2024/2025 – Handeln

Schließen Sie im Zuge Ihrer jährlichen Gehaltsanpassung individuelle Vergütungslücken. Aktualisieren Sie Ihre Vergütungsrichtlinien, Vergütungsprozesse und die Vergütungspraxis. Optimieren Sie bei Bedarf vergütungsrelevante Prozesse entlang des Employee Life Cycles. Definieren Sie klare Standards in Sachen Governance, Technologie und operative Exzellenz.

2026 – Verstetigung

Etablieren Sie einen dauerhaften Prozess, um stets ein hohes Maß an Vergütungsgerechtigkeit und Transparenz zu sichern. Dazu gehört auch eine konsequente Governance, damit alles formal compliant bleibt.

Den Gender Wealth Gap schließen

Insgesamt umfasst die neue EU-Richtlinie nicht nur die Grundvergütung und die variable Vergütung, sondern auch monetäre und nicht-monetäre Nebenleistungen, vor allem auch die betriebliche Altersversorgung (bAV). Dennoch ist es sinnvoll, zuerst das Thema Vergütung zu betrachten.

Denn eine diskriminierende Vergütung wirkt sich auf Nebenleistungen wie die bAV aus, die direkt mit der Höhe der Vergütung verknüpft sind. Eventuelle Ungerechtigkeiten werden so verstärkt. Nebenleistungen und bAV-Programme sollten natürlich auch separat in Sachen Geschlechtergerechtigkeit überprüft und bei Bedarf optimiert werden. Das umfassende Ziel lautet, den gesamten „Gender Wealth Gap“ zu schließen.

Gut aufgestellt für die kommenden Anforderungen

Zusammenfassend empfehlen wir Ihnen, bereits jetzt für vier Dinge zu sorgen, um gut auf das nicht mehr allzu ferne Inkrafttreten des neuen Entgelttransparenzgesetzes vorbereitet zu sein:

  • Robuste, objektive Job- und Vergütungsstrukturen,
  • Robuste, objektive HR-Richtlinien und -prozesse,
  • Vergütungsdaten und analytische Kompetenzen,
  • Schulungen und Kommunikation rund um das Thema Vergütung.

Generell sollten Sie den weiteren Gesetzgebungsprozess im Auge behalten und sich auf ein erstes Berichtsjahr 2027 einstellen. So können Sie Ihre Risiken in den Griff bekommen und Ihr Unternehmen erfolgreich als fairen Arbeitgeber positionieren.

Ausführliche Informationen zum aktuellen Stand einer geschlechtergerechten Vergütung bietet Ihnen die globale Fair-Pay-Studie von WTW.

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Director Work and Rewards

Senior Director, Head of Work and Rewards Germany/Austria

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