Am 25. Juli 2025 wurde der Referentenentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz II veröffentlicht. Mit diesem Gesetz sollen in den letzten Jahren deutlich gewordene Verbreitungshindernisse beseitigt und neue Anreize geschaffen werden, um so einen quantitativen und qualitativen Ausbau sowie eine Stärkung der zweiten Säule der Altersversorgung zu erreichen. Schwerpunkte legt der Gesetzgeber dabei auf Verbesserungen im Arbeits-, Finanzaufsichts- und Steuerrecht.
Wenngleich eine Vielzahl der Änderungen unabhängig vom Durchführungsweg Anwendung finden sollen, so gibt es doch auch einige Neuerungen, die speziell auf den Durchführungsweg der Pensionskasse zugeschnitten sind. Diese stehen im Fokus der nachfolgenden Ausführungen und es soll der Versuch einer ersten Einordnung vorgenommen werden.
Vorab sollen aber auch diejenigen potenziellen Neuregelungen der Vollständigkeit halber kurz angerissen werden, die zwar unabhängig vom Durchführungsweg ausgestaltet sind oder für mehrere Durchführungswege in Betracht kommen, die aber eben auch von Pensionskassen genutzt werden können:
Zuletzt profitieren Pensionskassen auch von der Klarstellung, dass steuerfreie Sonderzahlungen im Rahmen des § 19 EStG an versicherungsförmige Versorgungsträger nicht dem sozialversicherungsrechtlichen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Es besteht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 19 EStG also nicht nur Steuerfreiheit, sondern auch Sozialabgabenfreiheit für derartige Sonderzahlungen an die Pensionskasse (z.B. zur Vermeidung von Betriebsrentenkürzungen).
Nun aber zu denjenigen Bestimmungen, die speziell auf eine Verbesserung bei der Durchführung der betrieblichen Altersversorgung über den Durchführungsweg der Pensionskasse zugeschnitten sind.
In der Praxis stellt sich gerade bei kleineren Pensionskassen oftmals die Frage, ob und ggf. wie die bestehende Pensionskassenstruktur beendet werden kann. Vor allem die in der Rechtsform des Versicherungsvereins betriebenen Einrichtungen, welche in weit überwiegender Anzahl so genannte „Firmenpensionskassen“ sind, sehen sich u. a. aufgrund der zunehmenden Flut an neuen regulatorischen Anforderungen stetig steigenden laufenden Kosten ausgesetzt, die eine ökonomische Fortführung der Einrichtung in Frage stellen. Durch diese zunehmende Regulierung ist es für viele dieser Pensionskassen im kleineren oder mittleren Segment, d. h. mit vergleichsweise geringen Bilanzsummen, zudem vielfach unwirtschaftlich geworden, die Pensionskassenlösung in eigener Regie weiterzuführen. Nach aktueller Rechtslage bestehen für die Beendigung der Einrichtungen aber nur zwei Wege: Eine Möglichkeit besteht darin, den gesamten Versicherungsbestand auf eine andere Pensionskasse oder Lebensversicherung zu übertragen, welche in der Praxis aber oftmals am Vorhandensein eines übernahmewilligen Versorgungsträgers bzw. – sofern ein solcher gefunden wird – an dem von diesem geforderten zusätzlichen Finanzbedarf aufgrund unterschiedlicher Rechnungsgrundlagen scheitert. Die zweite Möglichkeit bestünde in der Auflösung der Pensionskasse unter verursachungsorientierter Verteilung des vorhandenen Kassenvermögens auf die Versicherten. Diese Variante scheitert in der Praxis aber regelmäßig an der satzungsrechtlich oftmals erforderlichen Zustimmung des Trägerunternehmens, welche dieses verweigert, weil die Verteilung des Kassenvermögens arbeitsrechtlich in einer Vielzahl von Fällen aufgrund des bestehenden gesetzlichen Abfindungsverbotes nicht zu einer Enthaftung des Arbeitgebers führt.
Genau hier setzt nun die Neuregelung des § 3 Abs. 7 BetrAVG-E an: Wenn eine Übertragung auf eine andere Pensionskasse oder Lebensversicherung nicht in Betracht kommt und die Bilanzsumme der Pensionskasse eine wirtschaftlich sinnvolle Mindestbilanzsumme unterschreitet oder die Pensionskasse nur noch wenige Mitglieder hat, soll künftig die rechtswirksame Abfindung von Betriebsrentenanwartschaften und laufenden Betriebsrenten für den Fall fingiert werden, dass sich eine Pensionskasse in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit mit Genehmigung der zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde unter Verteilung des vorhandenen Kassenvermögens auflöst. Mit der Zahlung der Abfindung würde dann die Zusage des Arbeitgebers in dem Umfang erlöschen, wie sie von der Pensionskasse durchgeführt worden ist. Es kommt insoweit dann also zu einer nach heutigem Recht noch nicht möglichen vollständigen Enthaftung des Arbeitgebers.
Die angedachte Neuregelung ist zu begrüßen, denn sie ist grundsätzlich geeignet, kleinteilige und kostenintensive Pensionskassenstrukturen zu beenden. Sie wird laut der Gesetzesbegründung auch lediglich in eng begrenzten Ausnahmesituationen in Frage kommen, etwa bei für den Neuzugang geschlossenen Einrichtungen, welche nur noch über mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedene Mitglieder und Rentenbezieher verfügt. Wird die gewünschte Wirkung erreicht, könnte die Auflösung einer Kasse aber zukünftig eine sinnvolle Alternative zu den oft aufwendigen und kapitalintensiven Bestandübertragungen bieten.
Bei für den Neuzugang geschlossenen Pensionskassen mit schrumpfendem Versichertenbestand und dementsprechend abnehmender Deckungsrückstellung kommt es in der Praxis oftmals dazu, dass auf Grundlage der vorhandenen Satzungsregelungen eine relative Überdotierung der Verlustrücklage entsteht. Dies ist in versicherungsaufsichtsrechtlicher Hinsicht zwar unproblematisch, kann aber bei von der Körperschaftssteuer befreiten Einrichtungen zu einer partiellen Steuerpflicht der Kasse führen. Darüber hinaus werden auf diese Weise Eigenmittel bei der Pensionskasse gebunden, die bei bestehender Risikotragfähigkeit der Kasse auch zur Verbesserung der Versorgungsleistungen der Versicherten verwendet werden könnten.
Mit der Neuregelung des § 193 Abs. 2 VAG soll es Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit nun künftig ermöglicht werden, einen Teil der Verlustrücklage zugunsten der Versicherten zu verwenden, wenn die in der Verlustrücklage angesammelten Mittel mit großer Sicherheit nicht mehr zur Deckung von außergewöhnlichen Verlusten oder zur Sicherstellung der langfristigen Risikotragfähigkeit benötigt werden, etwa wenn die Verlustrücklage nach einer erheblichen Verringerung der Anzahl der Versicherten in einem erheblichen Missverhältnis zur Höhe der Verpflichtungen und des Vermögens steht. Sofern eine Pensionskasse auf Grundlage der neu angedachten Gesetzesbestimmung künftig also eine Regelung in ihrer Satzung etabliert, aufgrund derer das oberste Organ der Kasse mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde eine Entnahme aus der Verlustrücklage auch zugunsten der Versicherten beschließen kann, darf die Verlustrücklage nicht mehr nur zur Deckung eines außergewöhnlichen Verlustes herangezogen werden. Die BaFin wird einem solchen Beschluss allerdings nur zustimmen, wenn die langfristige Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gewährleistet ist und daher auch nach der Entnahme der Eigenmittel die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind.
Die Neuregelung zielt damit auf einen angemessenen Ausgleich zwischen den Versicherteninteressen „Sicherheit der Kassenleistungen“ und „Teilhabe am Kassenvermögen“ ab. Dies ist sachgerecht für die beschriebenen Sachverhaltsgestaltungen und als durchweg positiv zu bewerten.
Pensionskassen dürfen als Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung definitionsgemäß lediglich wegfallendes Erwerbseinkommen substituieren, bei teilweisem Wegfall von Erwerbseinkommen dürfen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen aktuell lediglich anteilige Kassenleistungen vorsehen.
Diese engen Vorgaben passen nicht mehr zu den im Recht der gesetzlichen Rentenversicherungen zum 01.01.2023 bereits stattgefundenen Änderungen, welche auf ein Mehr an Flexibilität beim Übergang in den Ruhestand gerichtet sind. Zum genannten Stichtag sind in der gesetzlichen Rentenversicherung die Hinzuverdienstgrenzen für Bezieher einer vorgezogenen Rente wegen Alters weggefallen, so dass Bezieher einer vorgezogenen gesetzlichen Altersrente nun beliebig hinzuverdienen können, ohne dass es zu einer Anrechnung auf die gesetzliche Rente kommt. Vor diesem Hintergrund sollen nun auch die zulässigen Leistungsfälle von Pensionskassen erweitert werden. Die Kassenleistungen bei teilweisem Wegfall des Erwerbseinkommens werden in Zukunft also auch keinen aufsichtsrechtlichen Einschränkungen mehr unterliegen. So können die Allgemeinen Versicherungsbedingungen künftig auch dann Leistungen vorsehen, wenn die versicherte Person zwar weiterhin voll erwerbstätig ist, aber eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung – egal ob als Teil- oder Vollrente – bezieht. Allerdings kann eine Pensionskasse auch weiterhin den Bezug von Leistungen an die Bedingung des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben knüpfen.
Diese Änderung ist ausnahmslos zu begrüßen, gibt sie den Pensionskassen doch einen flexiblen rechtlichen Rahmen für den Umgang mit einem gleitenden Übergang in den Ruhestand an die Hand. Insbesondere löst sie das seit 01.01.2023 vielfach bestehende Nachweisproblem für den Altersrentenbezug, welches darin bestand, dass selbst wenn der Vollrentenbezug vom Versorgungsberechtigten durch den gesetzlichen Rentenversicherungsbescheid nachgewiesen wurde, nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das bisherige Erwerbseinkommen gar nicht weggefallen bzw. nur in reduzierter Höhe gewährt wurde.
Eine weitere wichtige Neuerung stellt die geplante gesetzliche Lockerung der Bedeckungsanforderungen für regulierte Pensionskassen dar, welche in Bezug auf die Forderung nach der jederzeitigen vollständigen Bedeckung des Solls des Sicherungsvermögens als einem seit jeher zentralen Kriterium bei der Prüfung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen letztlich als ein Paradigmenwechsel bezeichnet werden kann.
Die derzeit geltenden Rahmenbedingungen, die eine jederzeitige Bedeckung der Verpflichtungen, eine jederzeitige Erfüllung der Solvabilitätsanforderungen und eine jederzeitige Einhaltung der Stresstests verlangen, sind auf eine eher kurzfristige Betrachtung ausgerichtet und passen an sich nicht zu dem eher langfristigen Fokus, welcher dem Geschäftsmodell der Pensionskassen zugrunde liegt: Im Vordergrund steht dort die lebenslange Rentenversicherung, die praktisch keine Stornorisken und damit auch keine unplanmäßigen Auszahlungsspitzen mit sich bringt. Zudem sind die Leistungs- und Beitragscashflows in aller Regel gut planbar, so dass eine Lockerung der Bedeckungsvorschriften durchaus gerechtfertigt erscheint.
Die beabsichtigte Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes lässt – in Anlehnung an die schon bestehende Regelung für Pensionsfonds in § 239 VAG – eine zeitlich begrenzte Unterdeckung der versicherungstechnischen Verpflichtungen zu Buchwerten um bis zu 10 % zu, sofern die Pensionskasse eine die Unterdeckung gestattende Regelung in ihrer Satzung geschaffen hat und ein vorab von der Aufsichtsbehörde genehmigter Sicherungsvermögensplan zur Schließung der Unterdeckung mit einem oder mehreren Trägerunternehmen oder Dritten besteht. Spätestens nach zehn Jahren muss die Bedeckung wieder erreicht und sichergestellt sein, dass die Solvabilitätskapitalanforderungen stets vollumfänglich eingehalten werden.
Die Nutzung dieser Regelung bleibt also Kassen mit unterstützungswilligen Trägerunternehmen vorbehalten. Allerdings könnte die Bereitschaft von Arbeitgebern zum Abschluss von Sicherungsvermögensplänen aufgrund der im Vergleich zu anderen Eigenmittelsurrogaten flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten steigen. Letztlich wird hinsichtlich der Frage, wie häufig diese neue Form der Trägerunterstützung genutzt werden wird, sicherlich auch eine Rolle spielen, welche Anforderungen von Seiten der Aufsichtsbehörde an derartige Sicherungsvermögenspläne gestellt werden.