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Artikel | Benefits Perspectives

Sind Zeitwertkonten wirtschaftlich vorteilhaft?

Ökonomische Auswirkungen aus der Perspektive des Arbeitgebers

Von Henning Rihn und Markus Stein | 30. Juni 2025

Bei der Einführung von Zeitwertkonten sollten neben den Aufwendungen auch die Erträge beachtet werden sowie positive weiche personalwirtschaftliche Effekte.
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Vielfältige Gründe für die Einführung von Zeitwertkonten

Die Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit, die Überbrückung der Zeit zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und dem Renteneintritt sowie die Ermöglichung von Auszeiten für jüngere und ältere Mitarbeitende stehen als Ziele bei der Einführung von Zeitwertkonten-Modellen im Vordergrund.

Die anfallenden Implementierungskosten und laufenden Kosten werden dabei regelmäßig analysiert und in die Budgetierung des Unternehmens einbezogen. Dabei wird jedoch oft nicht angemessen berücksichtigt, dass Zeitwertkonten auch mittel- bis langfristig Erträge erwirtschaften. Für diese Erträge können Erwartungswerte ermittelt und in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden.

Aufwendungen für Zeitwertkonten

Neben den Implementierungskosten für die Einführung müssen die laufenden Kosten betrachtet werden. Einführungsaufwendungen entstehen insbesondere für:

  • Beratungsdienstleistungen (strategische Ausrichtung, Festlegung der Modellstruktur),
  • arbeitsrechtliche Grundlagen (zum Beispiel Betriebsvereinbarungen, Einbringungsvereinbarungen etc.),
  • Implementierungstätigkeiten (Payroll, Anbieterauswahl, Insolvenzsicherung) sowie
  • die erforderliche Kommunikation mit den Mitarbeitenden.

Die laufenden Aufwendungen hängen stark von der gewählten Modellstruktur ab. Sie können insbesondere anfallen für:

  • Arbeitgeberbeiträge in das Zeitwertkonto, sofern in das Modell integriert,
  • externe Administration,
  • Insolvenzsicherung sowie
  • interne Verwaltungskosten.

Erträge aus Zeitwertkonten

Dass Zeitwertkonten Ertragswirkungen haben, ist unbestritten. Sie sind allerdings schwerer zu messen, da sie sich häufig in der ruhestandsnahen Freistellungsphase, also zukünftig zeigen und davon abhängen, wie häufig und in welcher Höhe und Dauer Freistellungszahlungen anfallen. Wirtschaftlichkeitsberechnungen müssen sich deshalb auf annahmengestützte Erwartungswerte beziehen, die eine bestimmte Teilnahmequote an dem Modell und enstprechende Freistellungsmodellierungen voraussetzen. Als konkrete Ertragskomponenten werden häufig verminderte Krankheitstage und Reduzierungen der Payroll-Aufwendungen herangezogen.

Günstige Kosteneffekte ergeben sich insgesamt aus folgenden Aspekten:

 

  • Verminderung der Krankheitstage: Nicht häufiger krankheitsbedingt abwesend, aber über längere Zeiträume, sind ältere Mitarbeitende im Vergleich zu Jüngeren; das lässt sich den jährlichen Statistiken der Krankenkassen entnehmen. Ruhestandsnahe Freistellungen gehen einher mit einer vorgezogenen Beendigung der Tätigkeit im Unternehmen und insofern regelmäßig mit einer Substitution durch einen jüngeren Mitarbeitenden. Dadurch kommt es bei Unternehmen tendenziell zu einer Senkung der Arbeitsunfähigkeitstage.
  • Geringere Gehaltskosten: Duch den oben beschriebenen Substitutionseffekt sinken auch rechnerisch die Payroll-Aufwendungen im Unternehmen, da jüngere Mitarbeitende regelmäßig ein geringeres Gehalt als ihr älteres Pendant beziehen.
  • Ersatz teurer Übergangsmodelle in den Ruhestand: Die Substitution kostenintensiver Modelle wie Altersteilzeit oder Vorruhestand durch überwiegend oder vollständig mitarbeiterfinanzierte Zeitwertkontenmodelle ist zudem eine weitere Möglichkeit, Aufwendungen zu reduzieren.

Weiche Faktoren mit großer Wirkung

Ebenfalls schwer messbar, aber dennoch von Unternehmen und Mitarbeitenden positiv bewertet, sind weiche Faktoren wie Arbeitgeberattraktivität, Mitarbeiterzufriedenheit und Retention-Effekte. Bereits die Möglichkeit, seine Lebensarbeitszeit zu planen, steuerlich vorteilhaft in die Modelle einzubringen oder Auszeiten zu nehmen, ist für viele Mitarbeitende ein Gewinn. Sparen Mitarbeitende mit Zeitwertkonten für die Verwirklichung ihres Lebensentwurfes, ist auch die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie das Unternehmen verlassen und damit ihre individuelle Planung aufgeben.

Hinweise für die Praxis

Die ökonomischen Effekte – finanzielle Aufwendungen und Ertragswirkungen – von Zeitwertkonten abzuschätzen, ist bei deren Einführung und im laufenden Betrieb von Vorteil. Gleiches gilt für die Bewertung der weichen Faktoren. Unternehmen sollten deshalb alle Einflussfaktoren gesamthaft als wichtige Parameter für eine realistische, ökonomische Modellbeurteilungung heranziehen.

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