WTW HR-Branchenkonferenz für Banken und Versicherungen
Welche Rolle spielt HR für den erfolgreichen Wandel von Finanzdienstleistern? Um diese Frage drehte sich eine Podiumsdiskussion mit praxiserfahrenen HR-Entscheiderinnen und -Entscheidern. Die Diskussion zeigte: Der HR-Bereich kann maßgeblich zur erfolgreichen Veränderung von Unternehmen beitragen, er muss sich dazu jedoch auch selbst verändern.
Miteinander diskutiert haben Silke Lattermann, Abteilungsleiterin HR.Grundsatz & Prozesse, Landesbank Baden-Württemberg, Uwe Schöpe, Vorstand Personal und Arbeitsdirektor, Zurich Gruppe Deutschland, Joachim Goldbeck, Generalbevollmächtigter und Bereichsleiter HR, apoBank, und Ameli Ruf, Head of HR & ESG, WM Gruppe. Moderiert wurde die Runde von Dr. Hanne Borst, WTW.
Hanne Borst: Joachim, über Pfingsten 2020 hatte die apoBank ihr Kernbanksystem ausgetauscht. Welche Rolle hatte hier HR?
Joachim Goldbeck: Die IT-Migration wurde vorerst als technisches Projekt verstanden. Erst als IT-Probleme für unzufriedene Kunden sorgten, wurde HR ins Boot geholt: Wir haben zügig einen Großteil der Mitarbeitenden in die Kundenkommunikation eingebunden, auch mit dem Signal: Wir stehen zusammen! Heute dürfen wir uns wieder über eine hohe Kundenzufriedenheit freuen. Damit dies so bleibt, setzt unser neuer CEO auf ein Change-Management mit Business Impact, und das bei einer konsequenten Beteiligung von HR.
Hanne Borst: Ameli, die WM Gruppe ist mit ihrem Datenservice und der Börsenzeitung sehr gut etabliert. Gibt es dennoch einen Veränderungsbedarf?
Ameli Ruf: Durchaus. Mit Blick auf die geänderten Leserbedarfe denken wir darüber nach, das Printprodukt Börsenzeitung noch digitaler auszurichten. Und unser Datenservice steht vor den Herausforderungen, in die Cloud zu gehen und unseren Datenschatz zum Vorteil unserer Kunden für neue Produkte zu nutzen.
Hanne Borst: Also, rundum mehr Digitalisierung. Was bedeutet das für HR?
Ameli Ruf: Damit der digitale Wandel gelingt, müssen wir eine Veränderungskultur etablieren und haben dazu unser Management-Team gefragt: Welche Kompetenzen brauchen wir für unsere Transformation? Es ergaben sich etwa „Lernen wollen“, „Veränderungen bei den Mitarbeitenden begleiten“ oder auch „Netzwerken und kooperieren“, um unser Bereichsdenken zu überwinden. Dann haben wir ermittelt, wie gut unsere Führungskräfte über die identifizierten Kompetenzen verfügen.
“Damit der digitale Wandel gelingt, haben wir erst einmal eine Veränderungskultur etabliert.”
Ameli Ruf | WM Gruppe
Hanne Borst: Wie habt ihr die Ergebnisse genutzt?
Ameli Ruf: Daraus haben sich etwa übergreifende Themenfelder für unseren Kulturwandel ergeben, die wir mit unserer Leadership Academy adressieren: leading yourself, leading teams und leading business. Wir haben auch gefragt: Wo soll die Transformation hingehen? Die Antworten führten zu unserer Strategie 2030 mit vier Säulen. Und unter der Headline „Invest in our people“ spielt HR dabei eine grundlegende Rolle, weil unsere Mitarbeitenden für den Erfolg jeder Säule wichtig sind.
Hanne Borst: Silke, wie geht HR bei der LBBW mit dem Thema Transformation um?
“Für die Transformation unseres Geschäftsmodells und unseres way of working muss sich HR selbst auch verändern.”
Silke Lattermann | LBBW
Silke Lattermann: Für die Transformation unseres Geschäftsmodells und unseres way of working muss sich HR selbst verändern. Mit Blick auf unsere Unternehmensstrategie haben wir deshalb unseren HR-Bereich neu ausgerichtet, auch um HR als Treiber des Wandels zu positionieren. Hier geht es als erstes darum, Impulse aus der Belegschaft aufzunehmen, etwa durch Mitarbeiterbefragungen. Zweitens wollen wir Impulse geben, vor allem in Richtung Top-Management, auch mit Hilfe von Daten bzw. People Analytics. Und drittens investieren wir in die digitale Kommunikation und Interaktion mit den Mitarbeitenden.
Hanne Borst: Worauf legt ihr dabei besonderen Wert?
Silke Lattermann: Auf Partizipation. Wir haben Workshops durchgeführt mit Teilnehmern aus verschiedenen Altersgruppen und Disziplinen. Die Diskussionen waren auch recht emotional, wenn es darum ging, die Dinge anders als bisher zu machen. Doch so ist es uns etwa gelungen, HR am Employee Life Cycle auszurichten. Und das hat sich gelohnt.
Hanne Borst: Uwe, Partizipation spielt auch bei der Kulturreise der Zurich Gruppe eine große Rolle. Entsprechende Formate wie der Strategie-Dialog sind jedoch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Braucht es für Maßnahmen wie diese ergänzende Mittel?
Uwe Schöpe: Als wir 2018 unsere Kulturreise und mehrere strategische Initiativen gestartet hatten, ging es auch ums Geld. Ich habe da mutig gesagt: Für HR brauche ich kein zusätzliches Budget, wir schaffen das mit unserer eigenen Mannschaft.
Joachim Goldbeck: Themen wie Kultur und Identität kann man ja nur von innen heraus gestalten. Dabei sollte man auch eine Fehlerkultur etablieren, sonst traut sich keiner, etwas zu änderen und der Wandel kommt ins Stocken. Bei allem ist es auch wichtig, dass sich HR, Unternehmensführung und Kommunikation eng abstimmen; alle müssen an einem Strang ziehen.
Hanne Borst: Uwe, was ist aus deiner Sicht noch wichtig, damit der Wandel nicht stockt?
Uwe Schöpe: Entscheidend ist eine offene, authentische und ehrliche Kommunikation. Veränderungen werden meist erst einmal als Risiko gesehen. Entsprechende Bedenken sollte man nicht unter den Teppich kehren und gleichzeitig sagen, weshalb Veränderungen wichtig sind und wie Unternehmen und Mitarbeitende davon profitieren.
“Entscheidend ist eine offene, authentische und ehrliche Kommunikation.”
Uwe Schöpe | Zurich Gruppe Deutschland
Joachim Goldbeck: Bei Veränderungen sollte HR zudem wissen, wie die Stimmung unter den Mitarbeitenden aussieht. Die apoBank ist relativ dezentral organisiert, und HR braucht eine Antenne dafür, was etwa gerade in München, Berlin oder Hamburg passiert. Deshalb haben wir ein Format entwickelt, an dem viermal im Jahr alle Mitarbeitenden aktuelle Themen mit dem Vorstand diskutieren können. So bekommen wir mit, was unsere Mitarbeitenden bewegt und können darauf reagieren.
“Bei Veränderungen sollte HR stets wissen, wie die Stimmung unter den Mitarbeitenden aussieht.”
Joachim Goldbeck | aopBank
Hanne Borst: Silke, wie beteiligt die LBBW ihre Mitarbeitenden?
Silke Lattermann: Wir haben dafür mehrere Programme. Dazu gehört unser Ideen-Management. Gute Ideen greifen wir auf und setzen sie um. So ist auf Initiative einer Mitarbeitenden auch das Programm Keep in Touch entstanden. Es hilft Beschäftigten in Elternzeit, eng in Kontakt mit der Bank zu bleiben; sie bleiben in unsere Infrastruktur und Kommunikation eingebunden und bleiben so Teil des Teams.
Hanne Borst: Ameli, ich will noch einen anderen Aspekt ansprechen: Wie geht die WM Gruppe mit dem Thema KI um? Schaut ihr euch das auch aus der HR-Brille an?
Ameli Ruf: Im Rahmen unseres Innovation Labs befassen wir uns mit Themenwie Block Chain sowiemit KI-Lösungen. Dabei geht es auch darum, wie sich alles auf unser Geschäft und unsere Arbeit auswirkt. Dafür braucht es einen Rahmen. Deshalb erarbeiten wir mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, die regelt, wie wir KI einsetzenkönnen. Und in HR führen wir gerade ein IT-System ein, das KI-fühig ist. Es kann zum Beispiel Recruitern helfen, Stellenanzeigen zu texten. Dazu müssen sie mit dem System richtig umgehen und etwa Prompts schreiben können. In HR müssen wir uns dazu neueSkills aneignen.
Hanne Borst: Zum Ende der Diskussion noch die Frage: Welche HR-Themen sind für euch in Zukunft besonders wichtig?
Joachim Goldbeck: Bei uns steht etwa das Thema HR-Suite oben auf der Agenda. Unsere HR-IT-Landschaft ist noch recht heterogen. Das wollen wir in den nächsten drei Jahren ändern, um noch effizienter und effektiver zu werden.
Uwe Schöpe: Bei Zurich geht es um drei Themen: die Einführung von SuccessFactors, die Positionierung von HR als treibende Kraft in Sachen KI sowie agiles Arbeiten, wobei es uns hier auf die Balance von Vorgaben und Freiräumen ankommt.
Ameli Ruf: Im Rahmen der Umgestaltung unseres Unternehmens wollen wir uns auf ein konsequentes Reskilling und Upskilling konzentrieren. Welche Skills brauchen wir in Zukunft? Wie verändern sich dadurch bestehende Rollen? Und welche neuen Rollen brauchen wir?
Silke Lattermann: Solche Fragen stehen auch bei uns im Fokus – nicht zuletzt mit Blick auf HR. Digitalisierung und KI prägen die Profile in unserem HR-Bereich. Entsprechende Potenziale wollen wir etwa mit Data Scientists und anderen neuen Rollen produktiv machen. Unser HR-Bereich bekommt so ein neues Gesicht.
Hanne Borst: Herzlichen Dank für eure Statements! Wir sehen: HR kann den Unternehmenswandel erfolgreich vorantreiben – mit Digitalisierung, Skills-Management und einem Change-Management unter aktiver Beteiligung der Mitarbeitenden.