Künstliche Intelligenz (KI) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer vielversprechenden Technologie zu einem der wichtigsten Innovationstreiber unserer Zeit entwickelt. Das zeigt sich auch in der Versicherungsbranche – doch wie lässt sich die KI entlang der Wertschöpfungskette tatsächlich sinnvoll einsetzen? Und was brauchen Versicherer, damit der Einsatz mehr bewirk als Schall und Rauch?
Versicherer profitieren bereits seit vielen Jahren vom technischen Fortschritt, i.W. in der IT, um die Qualität ihrer Angebote zu verbessern und die Effizienz zu steigern. Gerade im Privatkundengeschäft hat sich viel getan: Machine-Learning-Modelle helfen dabei, Risiken a zu bewerten und Prämien adäquater zu kalkulieren. KI kann zudem unstrukturierte Daten einer maschinellen Verwendung zuführen und somit bisher oftmals unerschlossen Daten in den Prozess integrieren.
Im Gewerbe- und Industriegeschäft ist der KI-Einsatz besonders spannend: Hier geht es um die Bewertung komplexer Risiken auf Basis von Daten unterschiedlichster Quellen. Generative KI hilft dabei, Informationen zu strukturieren, nach Relevanz zu gewichten und eine Entscheidungsvorlage aufzubereiten. So wird Underwriting noch faktenbasierter und datengetriebener – und somit deutlich verbessert.
Auf der Seite der Lebensversicherung stehen ebenfalls Effizienzsteigerungen im Abschlussprozess durch Nutzung unstrukturierter Daten im Fokus. Von größerer Innovationskraft ist die Verwendung von Wearables, die mittlerweile nicht nur körperliche Aktivität erfassen können, sondern in Echtzeit biometrische Daten erheben wodurch mittelfristig große Potentiale zur Früherkennung von Krankheiten und somit Prävention ergeben.
Aktuarielle Tätigkeiten sind oft daten- und formelgetrieben. Große Sprachmodelle beschleunigen die Analyse und Pflege versicherungstechnischer Modelle, helfen bei der Fehleranalyse von Codes oder dem Verfassen von Berichten. Auch qualitative Reports lassen sich damit effizienter aktualisieren. Klar ist: Der Mensch bleibt in der Verantwortung – dennoch lässt sich viel menschlicher Zeitaufwand für mechanische Aktualisierungen und repetitive Anpassungen einsparen und wertstiftender einsetzen.
Im Schadenfall zählen Geschwindigkeit – und Genauigkeit. KI sorgt für beides. In der Kfz-Versicherung sind automatisierte Prüfungen bei Bagatellschäden längst Realität: Fotos per App hochladen, Angebot in Echtzeit erhalten, Auszahlung per Klick. Das reduziert den personellen Aufwand und sorgt für zufriedene Kunden.
Auch bei komplexen Personenschäden zeigt KI ihr Potenzial: Sie kann trainiert werden früh zu erkennen, wenn ein Fall aufwendig wird – z. B. durch Hinweise auf langfristige gesundheitliche Schäden oder langwierige und teuere rechtliche Auseinandersetzungen – und schlägt passende Maßnahmen vor. Mithilfe von Daten, wie der Art der Verletzung des Geschädigten, medizinischen Berichten sowie Therapieplänen inkl. Medikation, können KI-Modelle die Wahrscheinlichkeit einschätzen, ob der vorliegende Fall sich in Richtung eines solchen Komplexschadens entwickelt. Eine angepasste Herangehensweise erspart auch hier Kosten und verbessert das weitere Schadenmanagement.
Viele sehen den Einsatz von KI vor allem als Technologieprojekt – doch das greift zu kurz! Versicherer können ihre Automatisierungs- und Effizienzbemühungen durch den richtigen Einsatz von KI auf ein ganz neues Niveau heben.
Entscheidend sind vier Faktoren:
Versicherer, die auch morgen noch relevant sein wollen, kommen an KI nicht vorbei. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels, steigender Kundenerwartungen und des wachsenden Effizienzdrucks bietet KI echte Chancen: Prozesse werden schneller, Entscheidungen besser, Kunden zufriedener.
Aber: Der Weg zu einem erfolgreichen KI-Einsatz ist strategisch. Er beginnt mit einem klassischen Business Case und verlangt
Veränderungsbereitschaft – und diese zahlt sich aus. Wer jetzt handelt, sichert sich nicht nur einen technologischen Vorsprung, sondern auch einen echten Wettbewerbsvorteil.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus unserem Expertenbeitrag in der Zeitschrift für Versicherungswesen, Ausgabe 04/2025.