Diese Klausel des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherer (GDV) sieht vor, alle Schäden im Zusammenhang mit PFAS auszuschließen und einzelne Risiken erst im Nachgang durch individuelle Vereinbarung wieder einzuschließen.
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) ist ein Oberbegriff für mehr als 10.000 feste, flüssige oder gasförmige Chemikalien. Sie weisen eine hohe thermische und chemische Stabilität auf und sind in vielen Erzeugnissen heute nicht mehr wegzudenken. Doch PFAS sind nicht nur langlebig, sondern auch gesundheitsschädlich und können zudem in der Natur kaum abgebaut werden. Gelangen die Chemikalien über Boden und Grundwasser in die Nahrungskette, können sie beim Menschen beispielsweise Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen oder Krebs verursachen. Allerdings gilt bisher nur ein Bruchteil der Stoffgruppe als gefährlich.
Lange Zeit wurde der Einsatz von PFAS-Chemikalien von Wirtschaft, Gesellschaft und Versicherungsindustrie toleriert – der sozioökonomische Nutzen überwog scheinbar die Risiken. Folglich ist das heutige Anwendungsspektrum breit gefächert und PFAS finden sich sowohl in Verbraucherprodukten – beschichtete Pfannen, Kosmetika oder Lebensmittelverpackungen – als auch in Industrieprodukten wie Feuerlöschschaum, Leitungselektronik oder Dichtungen. Darüber hinaus sind sie ein wichtiger Bestandteil von Schlüsseltechnologien der grünen Transformation wie Lithiumbatterien oder Windkraftanlagen. Insbesondere in diesen Bereichen sind kurzfristig keine Alternativen verfügbar.
Laut GDV-Vorschlag sollen sowohl unmittelbare als auch mittelbare Schäden, die auf PFAS zurückzuführen sind, ausgeschlossen werden. Somit sind auch jene Stoffe betroffen, die als unbedenklich gelten, oder in gebundener Form vorkommen, z.B. in Teflonpfannen als Beschichtung. Anschließend sollen Versicherer und Versicherungsnehmer festlegen, welche Risiken zu welchen Konditionen gedeckt werden. Im Schadensfall stehen Unternehmen zudem vor der Herausforderung nachzuweisen, dass der Schaden vor der Einführung des Ausschlusses eingetreten ist.
Als einer der Gründe für den Vorschlag spielt neben den möglichen Risiken für Mensch und Umwelt das schwer kalkulierbare Schadenpotenzial eine große Rolle. In den USA gab es bereits milliardenschwere Vergleiche infolge von PFAS-Verunreinigungen durch Feuerlöschschäume. Die Angst vor ähnlichen Szenarien in Europa ist groß. Allerdings wird dabei vernachlässigt, dass der Austausch von PFAS-haltigen Löschmitteln bereits läuft. Zudem unterscheiden sich die europäische und amerikanische Rechtslage erheblich.
Ein weiteres Argument: Die Regelung soll Hersteller und Anwender dazu motivieren, sich mit ihren Risiken auseinanderzusetzen und die Entwicklung von Substituten fördern. Da sich jedoch nicht alle PFAS-Stoffe ersetzen lassen, muss die Industrie das Schadenrisiko bei der weiteren Nutzung allein tragen.
Willis, ein Geschäftsbereich von WTW, wird an seiner bisherigen Vorgehensweise im Umgang mit PFAS-Risiken festhalten: Abgestimmte Risikodialoge finden nur für bestimmte Branchen mit hoher Risikoexponierung statt. Das gilt insbesondere für jene, die PFAS-Stoffgruppen in leichtflüchtiger Form herstellen, lagern oder in der Produktion einsetzen. Gerade hier kann bei unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen die Gefahr bestehen, dass die Stoffe in die Umwelt gelangen und zu Kontaminationen führen.
Die Versicherungsbranche ist gefordert, der Industrie weiterhin als Partner zur Seite zu stehen – es braucht eine differenzierte und verantwortungsbewusste Risikobetrachtung. Der Ausschluss sollte dabei nicht das erste, sondern letzte Mittel der Wahl sein.