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Nutzererfahrung, Datenschutz und bAV

6. Dezember 2023

Mitarbeitende wollen rund um ihre bAV individuell angesprochen werden. Dies geht, ohne Datenschutzrechte zu verletzen.
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Das Datenschutzrecht wird von Verantwortlichen für die betriebliche Altersversorgung (bAV) als eines der häufigsten Hemmnisse für die Digitalisierung und Verbesserung der Personalisierung der bAV-Services genannt (WTW-Studie, „Digitalisierung in der bAV-Administration“, 2023).

Ein möglicher Grund könnte sein, dass die Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten in Deutschland aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht ohne Weiteres und ausschließlich zweckgebunden möglich ist. Denn die DSGVO soll natürliche Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten schützen.

Doch ist der Datenschutz tatsächlich ein Hemmnis? Welche legalen Möglichkeiten der Personalisierung existieren? Und was sollte man dabei beachten?

Die Anforderungen an personalisierte Services sind gestiegen

Die Anforderungen an die User- oder Customer-Experience (das „Kundenerlebnis“) rund um die bAV-Services sind in den letzten Jahren gestiegen. Darunter sind alle Services zu verstehen, bei denen die Mitarbeitenden Berührungspunkte mit der bAV haben – von der Erstkommunikation über regelmäßige Informationen über Entwicklungen und Änderungen der Anwartschaften bis hin zur Leistungsermittlung und Auszahlung.

Grund für die gestiegenen Anforderungen sind die Erfahrungen im privaten Bereich. Hier verändern Social Media, Online-Shopping und andere Internet-Angebote die Erwartungen an die Kommunikation, die Geschwindigkeit und den Service-Umfang von Dienstleistungen.

Diese Erfahrungen werden auch zu Benchmarks für bAV-Dienstleistungen: Der Druck auf die bAV steigt, ihre Services mit einer User-Experience wie im privaten Bereich zu bieten. Mehr als die Hälfte der bAV-Verantwortlichen sehen deshalb die gestiegenen Erwartungen an Service und User-Experience als ihre größte Herausforderung (WTW-Studie, „Digitalisierung in der bAV-Administration“, 2023).

Ein Schlüssel zu einer guten User-Experience liegt in der Erhebung und Auswertung personalisierter Daten, um die individuellen Informations- und Leistungsbedürfnisse der Mitarbeitenden zu erfassen und darauf gezielt reagieren zu können. Hier geht es etwa um die jeweils spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Altersgruppen: Rentennahe Mitarbeitende oder Mitarbeitende in der Familienplanung wollen jeweils ganz nach ihrem persönlichen Bedarf angesprochen werden.

Hier stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber diesen Bedürfnissen gerecht werden und gleichzeitig den geforderten Datenschutz einhalten können.

Der Datenschutz lässt ausreichend Raum für Individualisierung

Mit der DSGVO hat sich 2018 inhaltlich praktisch nur geändert, dass Arbeitgeber nunmehr ein hohes Bußgeldrisiko tragen, falls sie die Rechte und Freiheiten von Individuen zu ihrem Nutzen beeinträchtigen (Millionen-Bußgelder im Vergleich zu kleineren fünfstelligen Beträgen davor).

Folglich ist es für digitale Lösungen von Arbeitgebern von großer Bedeutung, individualisierte Angebote datenschutzkonform zu gestalten. Datenschützer sollten gleich zu Beginn in die Planung einbezogen werden. Meist zeigt sich, dass mit Einwilligungen und Transparenz fast dasselbe Maß an individualisierten Angeboten möglich ist wie ohne Beachtung des Datenschutzes.

Der große Unterschied zwischen der bAV und dem Konsumentenmarkt ist, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht immer ein legitimes Interesse daran hat, auch individualisierte Leistungen zu bieten und Auswertungen vorzunehmen – vorausgesetzt, dass er dabei ein hohes Maß an Transparenz walten lässt und die Daten zweckgebunden für die bAV einsetzt.

Was bedeutet dies nun praktisch für die Personalisierung der bAV-Services?

Für eine Personalisierung bieten sich viele Möglichkeiten

Bei gegebener Transparenz und Zweckgebundenheit können Unternehmen unseres Erachtens die bAV durchaus ähnlich individualisiert gestalten, wie dies die Mitarbeitenden aus ihrem Privatbereich gewohnt sind. Allerdings scheuen viele Unternehmen bislang die Entwicklungskosten; zudem sind sie gefordert, den betrieblichen Datenschutz und den Betriebsrat zu beteiligen.

Doch es gibt durchaus mögliche Felder zur Verbesserung der bAV-User-Experience, auch ohne größere Entwicklungskosten und interne Diskussionen:

  • Personalisierung der Informationsbereitstellung: Grundsätzlich kann jeder Teilnehmende einer bestimmten Lebenssituation zugeordnet werden (zum Beispiel junge Neueintritte, Mitarbeitende mit und ohne Kinder, rentennahe Jahrgänge, Neurentner, ältere Leistungsempfänger). Diese Lebenssituationen gehen mit unterschiedlichen Informationsbedürfnissen einher, denen die bAV aktiv und zufriedenstellend entsprechen muss. Die vorhandenen Informationen in den meisten Personalinformationssystemen reichen aus, um eine Kategorisierung ohne zusätzliche Daten vornehmen zu können.
  • Personalisierung der Angebote: Im Vordergrund steht die Absicherung von Lebensrisiken, die je nach Lebenssituation unterschiedlich sein können. Es bleibt dem Arbeitgeber überlassen, inwieweit er diese Risiken durch arbeitgeber- oder arbeitnehmerfinanzierte Angebote absichern möchte. Auch hier gilt das Gleiche wie bei der personalisierten Informationsbereitstellung: In der Regel reichen die vorhandenen Informationen aus. Sofern das nicht der Fall ist, hat sich in der Praxis ein mehrstufiges Vorgehen bewährt, bei dem zunächst allgemein über ein Produkt informiert wird und dann ‒ bei Interesse ‒ mit Zustimmung des Teilnehmenden detailliertere Informationen (zum Beispiel Ergebnisse von Gesundheitsprüfungen) abgefragt werden.
  • Transparenz über die Verwendung der Informationen: Die Intention des Arbeitgebers ist es, den Teilnehmenden über die bestmögliche Risikoabsicherung (im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten) zu informieren und diese zu gewähren. Es geht nicht darum, detaillierte Daten des Einzelnen zu Werbezwecken abzufragen und weiterzuverkaufen. Die Transparenz über diese Absicht erhöht gleichzeitig die Akzeptanz der Teilnehmenden.
  • Verbesserung der Personalisierung: Ohne zusätzliche personenbezogene Daten sind weitere Verbesserungen durch Datenanalysen über anonymisierte oder aggregierte Daten möglich. Diese Ergebnisse helfen, bessere Vorhersagen über die Bedürfnisse und damit über das Verhalten sowie die Entscheidungen der Teilnehmenden zu treffen. Dies ist dann die Grundlage für eine verbesserte Informationsbereitstellung und zielgerichtetere Angebote.

Die Personalisierung bietet viele Vorteile

Die Datenschutzgesetze setzen der Personalisierung des Nutzererlebnisses Grenzen. Insofern ist es wichtig, schon frühzeitig in der Konzeptionsphase die Möglichkeiten, aber auch die Beschränkungen durch die einschlägigen Datenschutzgesetze bei der Personalisierung zu berücksichtigen. Auch in der bAV ist es möglich, das Informations- und Leistungsangebot auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden zuzuschneiden, wenn man sich am Ziel der Absicherung von Lebensrisiken orientiert. Zudem dient es der langjährigen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn die notwendigen Daten aus dem Bestand „generiert“ werden, ohne zusätzliche Daten erheben zu müssen.

Unternehmen sollten die Chance der Personalisierung und Individualisierung nutzen, weil sie so ihren Mitarbeitenden eine bAV bieten können, die von ihnen auch geschätzt wird. Damit fällt es ihnen auch leichter, ihre Mitarbeitenden dauerhaft zu binden.

Ihre Kontakte

Senior Director Outsourcing Germany, Head of Implementation, Clients & Market

Ralf Jürgen Winter
Assistant General Counsel

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