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Survey-Report | Benefits Perspectives

bAV zwischen Arbeitgeberattraktivität und Garantiebegrenzung

Unternehmen schöpfen Potenzial der bAV nicht aus

Von Dr. Johannes Heiniz , Anne Becker , Dr. Laura Terassa und Dr. Uwe Schätzlein | 10. Oktober 2022

Wie planen Unternehmen die bAV der Zukunft? Welcher Handlungsbedarf besteht jetzt? Ergebnisse der WTW-Studie Future of Pensions im Überblick.
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Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Mitarbeitenden haben sich wegen der bAV für ihren derzeitigen Arbeitgebenden entschieden. Für 50 Prozent ist sie ein wichtiger Grund, bei ihrem jetzigen Unternehmen zu bleiben. Kurz: das Potential der betrieblichen Altersversorgung (bAV) für die Gewinnung und Bindung von neuen Mitarbeitenden ist so hoch wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr, wie der Global Benefits Attitudes Survey nahelegt. Die Bedeutung der bAV hat in den vergangenen Jahren zugenommen, weil die Generationen, die nun in den Arbeitsmarkt drängen, wissen, dass sie sich um ihre Altersvorsorge selbst kümmern müssen.

Umso mehr erstaunt es, dass Unternehmen – gerade angesichts des Fachkräftemangels – nicht noch stärker auf die bAV setzen, um neue Talente für sich gewinnen und zu binden. Trotz eines hart umkämpften Arbeitsmarkts verstehen aber erst 30 Prozent der Unternehmen die bAV als wichtiges Differenzierungsmerkmal im „War for Talents“. Das zeigt die neue WTW-Studie „Future of Pensions“.

Im DIA-Podcast „Rente gut, alles gut?“, Folge 39, beleuchtet unser WTW-Experte Dr. Johannes Heiniz die wichtigsten Highlights der Future of Pensions-Studie. Jetz reinhören.

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Differenzierungsmerkmal bAV: Noch nicht voll ausgeschöpft

Laut der Studie bieten 60 Prozent der befragten Unternehmen eine branchenübliche bAV-Versorgung an. Zehn Prozent möchten lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen. Bislang messen erst 30 Prozent der bAV eine größere Bedeutung zu und setzen sie aktiv als Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb um Talente ein – obwohl die große Mehrheit über Schwierigkeiten bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung klagt. Dabei zeigen Umfragen wie der Global Benefits Attitudes Survey von WTW deutlich, dass die bAV aus Sicht der Beschäftigten ein entscheidender Faktor für die Arbeitgeberattraktivität ist.

Rund die Hälfte der Mitarbeitenden (47 Prozent) sparen hauptsächlich mithilfe der bAV für den Ruhestand. Dies liegt u.a. darin begründet, dass Mitarbeitende ihrem Arbeitgebenden in der Regel vertrauen, ein qualitativ hochwertiges Vorsorgeangebot zu unterbreiten und dabei uneigennützig zu handeln, während bei der privaten Altersvorsorge die Anbieter dieses Grundvertrauen nicht immer genießen. In der Praxis bieten fast drei Viertel (knapp 70 Prozent) der befragten Unternehmen gemischt finanzierte bAV-Systeme an, in welche sowohl Unternehmensbeiträge als auch Beiträge aus Entgeltumwandlung der Mitarbeitenden einfließen.

Kapitalmarktorientierung, Wertentwicklung und Inflationsschutz

Etwa drei Viertel der Unternehmen wenden in ihrem modernsten Pensionsplan ein kapitalmarktorientiertes Zinsmodell an. Vor dem Hintergrund, dass 60 Prozent der Arbeitgebende nicht mehr bereit sind, das Zinsrisiko zu übernehmen, erstaunt dies nicht. Mehr als vier Fünftel (82 Prozent) der Unternehmen schätzen den Stellenwert einer Kapitalmarktbindung aber auch aus Sicht der Mitarbeitenden als mindestens wichtig ein. Ähnlich ist die Perspektive der Mitarbeitenden: 74 Prozent sagen, dass ein Pensionsplan Schutz gegen Inflation bieten sollte (WTW Global Benefits Attitudes Survey).

Garantieniveaus unter 100 Prozent

Bislang wurde bei kapitalmarktorientierten bAV-Systemen in aller Regel mindestens die Höhe der eingezahlten Beiträge garantiert. Im Niedrigzinsumfeld führte dies zu sehr geringen erwarteten Renditen. Versicherer begrenzen deshalb seit einiger Zeit Garantien auf unter 100 Prozent der Beiträge. Auch in modernen fondsbasierten Pensionsplänen finden sich immer häufiger Garantieniveaus unterhalb von 100 Prozent. Wie sehen Mitarbeitende diesen Trend? Während im Jahr 2017 noch 78 Prozent der Arbeitnehmenden sagten, dass ihnen Sicherheit wichtiger als Rendite sei, sind es jetzt 69 Prozent (Global Benefits Attitudes Survey).

Die Studienergebnisse zeigen also, dass die Differenzen zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen bezüglich des Rendite-Risiko-Verhältnisses kleiner werden. Arbeitgebende sollten trotzdem sehr sensibel mit diesem Thema umgehen und jegliche Änderungen durch Kommunikationsmaßnahmen eng begleiten.

Auszahlungsoptionen: flexibel wählbar

Ein weiterer wichtiger Stellhebel für die attraktive Gestaltung der bAV ist Flexibilität bezüglich der Auszahlungsoptionen. Zwei Drittel (66 Prozent) der Unternehmen gaben an, einen weitgehenden Auszahlungsmix bestehend aus Rente und Kapital oder Raten in ihrem modernsten Pensionsplan anzubieten. Damit sind Unternehmen auf dem richtigen Weg: Rund die Hälfte der Mitarbeitenden wünscht sich mehr Flexibilität bei den Auszahlungsmöglichkeiten (GBAS). Hier sind insbesondere intelligente Verrentungsmodelle gefragt, die bei einigen Unternehmen auch schon in die Tat umgesetzt sind.

Handlungsbedarf: bAV-Kommunikation und Financial Education

Aber was nützt das beste bAV-Angebot, wenn die Mitarbeitenden es nicht wahrnehmen oder aufgrund der oftmals hohen Komplexität nicht verstehen? Die Mehrheit der Unternehmen (71 Prozent) setzt bei der Kommunikation ihres bAV-Angebots auf klassische Kanäle wie E-Mail oder Print. Mit Blick auf die Zukunft gaben 34 Prozent der Unternehmen an, künftig auch auf Apps setzen zu wollen. Dem gegenüber steht die Sicht der Mitarbeitenden: Nur 25 Prozent der befragten Mitarbeitenden fühlen sich durch das Angebot ihres Unternehmens bei der Vorbereitung ihrer Rentenphase unterstützt – hier herrscht Handlungsbedarf. Hingegen fühlen sich unter den Mitarbeitenden, die regelmäßig Apps zur Verfolgung ihrer Altersversorgung nutzen, 84 Prozent gut unterstützt.

Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie auf eine onlinebasierte Kommunikation setzen, zum Beispiel via Apps. So ist das Potential der bAV sichtbarer für die Mitarbeitenden und sie werden über ihre Vorsorgeguthaben nicht nur einmal im Jahr per Kontoauszug informiert. Hinzu kommt der zunehmende Bedarf nach „Financial Education“, um insbesondere die hinter modernen, kapitalmarktbasierten Pensionsplänen stehenden Kapitalanlagekonzepte zu verstehen.

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