Mit Hauptinhalt fortfahren
main content, press tab to continue
Artikel | Benefits Perspectives

bAV-Administration:
Top-Service oder Minimalstandard?

Fünf Thesen zur bAV-Digitalisierung

Von Dr. Michael Paulweber und Dr. Claudio Thum | 24. Oktober 2021

bAV-Kommunikation muss mit den Standards aus dem Konsumentengeschäft mithalten. Wo Unternehmen stehen und welche Trends den Wandel treiben.
Abonnieren
Global Benefits Management|Benessere integrato|Health and Benefits
N/A

Vor fünf Jahren begann die bAV-Community zu diskutieren, welche Implikationen die Digitalisierung auf die bAV hat. Und tatsächlich sind deutliche Digitalisierungsfortschritte zu verzeichnen, wie die jährlichen Marktumfragen von Willis Towers Watson zeigen. Die wesentlichen Trends lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Grafik Chancen der Digitalisierung fuenf Thesen
Chancen der Digitalisierung für die betriebliche Altersversorgung

Wo stehen die Unternehmen heute? 

Hauptveränderungen: Technologiefortschritte, Pandemie und Konsumentenverhalten

Die Ansprüche an die digitale Kommunikation sind in den letzten Jahren erheblich gewachsen, nicht nur beim privaten Online-Shopping, sondern auch in der bAV-Kommunikation.

Die Ansprüche an die digitale Kommunikation sind in den letzten Jahren erheblich gewachsen, nicht nur beim privaten Online-Shopping, sondern auch in der bAV-Kommunikation. Sowohl Mitarbeiter der bAV-Funktion als auch die anspruchsberechtigten Mitarbeiter und Versorgungsempfänger sind neue Standards hinsichtlich Geschwindigkeit, Service-Niveaus und Kommunikation gewohnt und fordern einen solchen Top-Service auch für das bAV-Erlebnis ein.

Dazu beigetragen haben sehr erfolgreiche Online-Geschäftsmodelle in den verschiedensten Bereichen (Konsumgüter, Touristik, Finanzdienstleistungen) aber auch zahlreiche unternehmensinterne HR-Prozesse, die neue Benchmarks und damit Erwartungen aller Mitarbeiter inklusive der bAV-Abteilungen verändert haben.

Getrieben wurde diese Entwicklung entscheidend durch den allgemeinen technologischen Fortschritt. Dieser hilft auch der bAV, indem der Zugang zu neuen technologischen Möglichkeiten auch für den – im Verhältnis zu anderen Märkten relativ kleinen – bAV-Markt geschaffen wird. Beispiele hierfür sind cloudbasierte skalierbare Lösungen, Künstliche Intelligenz (KI) usw. Damit einhergehen jedoch auch deutlich gestiegene Anforderungen an Sicherheit sowie an das Management der entsprechenden Risiken und Abhängigkeiten. Cloud- oder KI-Lösungen sind in der bAV immer noch nicht weit verbreitet.

Die Digitalisierung wurde noch zusätzlich durch die Covid-19 Pandemie beschleunigt. Diese hat das Service- und Sourcing-Modell vieler bAV-Organisation auf den Prüfstand gestellt. Analoge Prozesse oder Strukturen (wie papierbezogene Dokumente, zentrale Organisationsformen) konnten teilweise nur mit eingeschränkten Service-Niveaus fortgeführt werden. Auch gängige Business-Continuity-Modelle, die überregional oder global installiert waren, wurde durch die globale Pandemie einem Stresstest unterzogen und konnten nur mit zusätzlichen digitalen Lösungen robuster gemacht werden. Der bei vielen Unternehmen verfolgte – eher pragmatische – Ansatz einer stufenweisen Digitalisierung musste durch die Covid-19-Pandemie durch eine wesentlich schnellere Digitalisierungsstrategie ersetzt werden. 

Als Treiber nicht zu unterschätzen sind weitere Regulierungen (beispielsweise im Datenschutz oder die digitale Rentenübersicht). Auch der demografische Wandel beschleunigt diese Entwicklung: die als “digital natives” bezeichneten Generationen Y und Z treten ins Berufsleben ein; enge Arbeitsmärkte veranlassen Unternehmen, ihr (digital unterstütztes) Talent-Management sowie die Employee Experience zu verbessern. Zudem forcieren gestiegene Arbeitskosten die Suche nach effizienteren und kostengünstigeren digitalen Lösungen.

Fortschritte gebremst durch zersplitterte bAV-Strukturen

Die neuen Möglichkeiten und die höheren Anforderungen der Berechtigten führen dazu, dass viele Unternehmen ihren bAV-Auftritt grundsätzlich überdenken. Ihr Ziel ist es, ein neues bAV-Erlebnis – angelehnt an das Konsumentengeschäft – zu schaffen, bei dem die Berechtigten in den Mittelpunkt gerückt werden. Ein solcher Top-Service wird nun zunehmend von den Berechtigten – geprägt aus den Konsumentengeschäft – eingefordert. Zudem rücken neben aktiven Mitarbeiter/-innen auch zunehmend Leistungsempfänger in den Fokus, die infolge der Demographie ein immer stärkeres Gewicht bekommen und ihre digitalen Gewohnheiten auch in die inaktive Phase transportiert wissen möchten.

Der Automatisierungsgrad und die Effizienz konnte durch die Digitalisierung gesteigert werden, wie die entsprechenden Studien von Willis Towers Watson gezeigt haben. Dennoch bestehen weiterhin wesentliche Hürden. Als Hauptgründe nennen Unternehmen die zunehmende Komplexität, Datenschutz, gestiegene Anforderungen an Services und – nicht zu vergessen – auch entsprechende höhere Investitionsbudgets für Technologie. Letzteres ergibt sich aus den – teilweise – sehr zersplitterten bAV-Strukturen, die für eine umfassende Digitalisierung hohe Investitionen notwendig machen.

Unternehmen unterschätzen den Nutzen einer gesamthaften Finanzplanung 

Bisher zeigt sich kein einheitliches Bild bei der Unterstützung der gesamthaften Finanzplanung der Mitarbeiter/-innen: 

  • In einigen Bereichen sind sicherlich deutliche Fortschritte zu verzeichnen, beispielsweise bei der Zusammenfassung von verschiedenen Benefits, dem Zugang zu privaten Versorgungslösungen oder der zukünftigen digitalen Rentenübersicht.
  • In den meisten Fällen bleibt es jedoch den einzelnen Personen überlassen, die Einzelteile ihrer Finanzplanung für gesetzliche Rente, betriebliche Versorgung und private Vorsorge zusammenzusetzen. Viele Arbeitgeber halten den Aufwand für die Implementierung einer gesamthaften Finanzplanungslösung für größer als den Nutzen, den sie für ihre Mitarbeiter sehen. Jedoch unterschätzen die daraus resultierende Wertschätzung ihrer Mitarbeiter.

Ausblick: Digitalisierung mit verschiedenen Geschwindigkeiten führt zu segmentierten Lösungen

Die Dynamik der bAV-Digitalisierung wird gerade vor dem Hintergrund steigender Arbeitskosten und dem Wettbewerb um Talente in engen Arbeitsmärkten weiterhin zunehmen. Die jeweiligen Investitionsentscheidungen werden dabei noch stärker Wirtschaftlichkeitsabwägungen folgen müssen, da Digitalisierungserfolge besonders bei skalierbaren Systemen erzielt werden können.

Hieraus ergeben sich folgende Implikationen.

  • Die zukünftige Gestaltung von bAV-Systemen rückt die Administrierbarkeit im Sinne der Skalierbarkeit und das bAV-Erlebnis viel stärker in den Mittelpunkt als in der Vergangenheit.
  • Für bestehende Lösungen wird es eine Digitalisierung in verschiedener Geschwindigkeit in Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeitsüberlegungen geben.

Zumindest für eine Übergangszeit führt dies zu einem segmentierten Markt einerseits mit hoch-effizienten digitalisierten Lösungen, die einen Top-Service und ein exzellentes Nutzererlebnis bieten oder traditionellen wenig digitalisierten Lösungen anderseits. Service-Niveaus werden sich von einem Top-Service bis hinunter zu Basislösungen mit Minimalstandards bewegen.

Grafik Digitalisierungsgrade in der bAV-Landschaft
Unterschiedliche Digitalisierungsgrade in der bAV-Landschaft

Ihre Kontakte

Managing Director, Head of Outsourcing Western Europe 

Senior Director Outsourcing Germany, Head of Implementation, Clients & Market

Contact us