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Artikel | Benefits Perspectives

BBG-Absenkung verursacht Handlungsbedarf

Großer Administrationsaufwand für kleine Beitragsänderung

Von Thomas Obenberger | 12. November 2021

Das Absenken der Beitragsbemessungsgrenze zum 1.1.2022 wird zwar kaum materielle Auswirkungen mit sich bringen, kann aber zu erheblichem zusätzlichen Informations- und Verwaltungsaufwand führen.
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Erstmaliger Rückgang der BBG

Die Beitragsbemessungsgrenze West in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG) soll für das kommende Jahr – erstmalig überhaupt – absinken und zwar auf monatlich 7.050 Euro. Dies hat das Bundeskabinett am 20.10.2021 beschlossen. Die Verordnung über die maßgebenden Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2022 bedarf nun noch der Zustimmung durch den Bundesrat.

Auch wenn diese BBG-Absenkung zu einer geringfügigen Beitragsentlastung führt, ergeben sich mit Blick auf die betrieblichen Versorgungssysteme unschöne Auswirkungen. Das liegt daran, dass die BBG von vielen Versorgungszusagen aber auch von einigen für diese Zusagen wesentlichen rechtlichen Vorschriften in Bezug genommen wird.

Arbeitsrechtliche Auswirkungen auf Beitragsberechnung, Entgeltumwandlung, Arbeitgeber-Zuschuss

Ein Effekt ergibt sich z.B. bei Versorgungszusagen mit gespaltener Rentenformel. Für Versorgungsberechtigte mit derartigen Zusagen führt dies dazu, dass sie durch das Absinken der BBG geringere Leistungen bzw. Beiträge bekommen können, wenn sie sich im Einkommensbereich bis zur BBG bewegen. Erhalten die Versorgungsberechtigten in diesen Fällen dagegen Einkommen oberhalb der BBG, so ergeben sich höhere Leistungen bzw. Beitragszahlungen und damit höhere Anwartschaftszuwächse. Letztlich können sich in derartigen Sachverhalten also positive wie negative Auswirkungen ergeben.

Bei Versorgungszusagen mit gespaltener Rentenformel bekommen die Versorgungsberechtigte durch das Absinken der BBG geringere Leistungen bzw. Beiträge, wenn sie sich im Einkommensbereich bis zur BBG bewegen.

Bei beitragsorientierten Leistungszusagen oder Beitragszusagen mit Mindestleistung, die eine regelmäßige Beitragszahlung in Abhängigkeit von der BBG vorsehen, also beispielsweise Beiträge an einen externen Versorgungsträger in Höhe von vier Prozent der BBG, ergeben sich dagegen ausschließlich geringere Anwartschaftszuwächse und damit – wenn auch geringfügig – niedrigere Versorgungsleistungen.

Weitere Auswirkungen – im Sinne einer Verringerung – ergeben sich hinsichtlich des Anspruchs auf Entgeltumwandlung gemäß
§ 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) und den in den versicherungsförmigen Durchführungswegen spätestens ab dem 1.1.2022 zu gewährenden verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss aufgrund der Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Abgabenrechtliche Auswirkungen: Freibeträge sinken

Während die BBG-Absenkung in den Durchführungswegen Direktzusage und (rückgedeckte) Unterstützungskasse ohne nennenswerte Auswirkungen bleibt, führt sie in den versicherungsförmigen Durchführungswegen (Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung) dazu, dass der steuerfreie Höchstbetrag von acht Prozent der BBG – und ebenso der sozialabgabenfreie Höchstbetrag von vier Prozent der BBG – für Zuwendungen des Arbeitgebers sinkt.

Dies führt in der Praxis in den Fällen, in denen eine feste Beitragshöhe zugesagt ist, die größer ist als der jeweilige neue Höchstbetrag, dazu, dass die Beiträge in einen abgabenfreien und einen abgabenpflichtigen Beitrag aufgeteilt werden müssen, um eine sachgerechte Behandlung der späteren Leistungen gewährleisten zu können. Sofern die Versorgungsregelung dagegen BBG-dynamisch ausgestaltet ist, also beispielsweise die Zahlung eines Betrages in Höhe von acht bzw. vier Prozent der BBG regelt, dann ergeben sich keine derartigen Auswirkungen – der gesamte Betrag ist dann weiterhin steuer- bzw. sozialabgabenfrei.

Hinweise für die Praxis

Die zu erwartende Absenkung der BBG wird zwar zu materiell nur sehr geringfügigen Auswirkungen führen. Sie führt allerdings zu zusätzlichem Informations- und Mitteilungsaufwand für den Arbeitgeber bzw. zusätzlichem Beratungsbedarf für den Arbeitnehmer. Daneben entsteht ggf. – je nach Versorgungssystem – erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber und Anbieter der betrieblichen Altersversorgung. In jedem Fall sollten Arbeitgeber ihre vorhandenen Versorgungssysteme sorgfältig auf die möglichen Auswirkungen hin überprüfen.

Ausblick

Alles in allem sind die beschriebenen Auswirkungen kontraproduktiv für die Akzeptanz der betrieblichen Altersversorgung. Obwohl die Bundesregierung erklärtermaßen die weitere Verbreitung der bAV fördern will, wurde dem von den Verbänden wie beispielsweise der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) frühzeitig geäußerten Wunsch nach Ausnahmeregelungen für die betriebliche Alterversorgung im Sinne der Beibehaltung des status quo nicht nachgekommen.

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