Mit Hauptinhalt fortfahren
main content, press tab to continue
Artikel | Benefits Perspectives

Acqui-Hires – die etwas andere Due Diligence

Von Sibylle Kampschulte und Thomas Eibach | 8. Dezember 2022

Ist ein Start-up mit seiner Innovationskultur Ziel einer Akquisition, sollten Due Diligence und Integrationsplanung darauf abgestimmt werden.
Mergers and Acquisitions|Employee Experience|Ukupne nagrade
Mergers and Acquisitions

Immer häufiger sind die Mitarbeiter ein wesentliches Ziel der Transaktion, einerseits aufgrund des generellen Fachkräftemangels, andererseits aber auch um gezielt Knowhow zu gewinnen. Bei solchen so genannten Acqui-Hires stehen insbesondere im Vergleich zum Erwerber kleine Unternehmen wie Start-ups im Fokus, wie die Beratungserfahrung von WTW zeigt. WTW begleitet jährlich eine Vielzahl von Unternehmen bei der Due Diligence und der anschließenden Integration von akquirierten Unternehmen oder Unternehmensteilen.

Was heißt das für die Due Diligence und eine anschließende Integration? In der Regel ist die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen (Retention), aber auch die Sicherung der Innovationskraft essenziell für den Erfolg der Transaktion. Werden bei Acqui-Hires jedoch undifferenziert die gleichen Maßstäbe angewendet wie bei klassischen, größeren Akquisitionen, kann die Transaktion im Extremfall zwar routiniert abgeschlossen werden, aber ihr eigentliches Ziel weit verfehlen. Daher gilt: Die Beweggründe für Deals sollten frühzeitig definiert werden – mit Folgen für HR-Prioritäten und das Vorgehen in der Due Diligence.

Due Diligence: Differenzen zwischen Hierarchien und Unternehmenskulturen im Blick

Start-Ups oder kleineren Unternehmen haben meist flache Hierarchien und eine Unternehmenskultur, die sich wesentlich von den großen Corporates unterscheidet. Gerade dies ist oft Teil der bisherigen Erfolgsgeschichte. Die Vergütungs- und Benefits-Pakete unterscheiden sich in der Regel deutlich von denen des Käufers. Die Frage, die sich hieraus zwangsläufig ergibt, ist: Sind die Unternehmenskultur und die sonstigen Rahmenbedingungen des Targets mit denen des Käufers vereinbar? Wie wichtig sind sie für den Erfolg der Akquisition? Diese Fragen sollten möglichst früh im Rahmen der Due Diligence gestellt und beantwortet werden.

Nicht selten sind bei Start-ups die Gründer sehr stark involviert und besitzen größere Anteile am eigenen Unternehmen, die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen ist demnach sehr groß und auch die finanziellen Verflechtungen sind nicht zu vernachlässigen. Dadurch erzielen bei erfolgreicher Transaktion die Gründer in der Regel nicht unwesentliche Verkaufserlöse. Der potenzielle Käufer muss bedenken, inwiefern die Gründer für die Weiterführung des Geschäfts benötigt werden bzw. unverzichtbar sind. Bei der Einführung von Retention-Programmen, nicht nur für den CEO, sollte diesem Aspekt Rechnung getragen werden. Nichtmonetäre Retention, die auf die Motivation der Mitarbeiter zielt, spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Integration: Ja, nein, jein?

Was kommt nach der Due Diligence und dem Kauf? Diese Frage wird bei vielen Unternehmen meist mit „Integration in bestehende Strukturen“ beantwortet. Bei Acqui-Hires ist diese Antwort nach den Erfahrungen von WTW oft nicht so einfach und eindeutig. Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei Acqui-Hires oft im Zusammenspiel aller Eigenschaften, wobei Unternehmensstruktur und -kultur sowie die Führungsmannschaft einen wesentlichen Anteil daran haben. Eine Integration in die oft komplexeren Strukturen des Käufers birgt das Risiko, dass die wichtigen Strukturen zerschlagen werden und Schlüsselmitarbeiter das Target verlassen, wodurch die wichtige Expertise verloren geht. Um dieses Risiko zu minimieren, gehen Unternehmen dazu über, das gekaufte Unternehmen häufig nicht oder nur teilweise zu integrieren. Das bedeutet, vorhandene Strukturen sowie Vergütungs- und Benefits-Systeme bestehen zu lassen. Back-Office-Funktionen wie Finanzbuchhaltung oder HR werden hingegen häufiger in bestehende Strukturen integriert und ausgelagert. Ziel ist, die wesentlichen Schlüsselstrukturen möglichst zu erhalten. Um dies zu gewährleisten, sollte möglichst früh während der Due Diligence das Zielbild vorliegen, wie eigenständig das Target nach erfolgreichem Abschluss geführt werden soll.

Anhand der bisherigen Diskussion könnte man davon ausgehen, dass gekaufte Start-Ups möglichst eigenständig im Käuferunternehmen geführt werden und durch eine Integration idealerweise so wenig wie möglich beeinflusst werden sollten. Nach Einschätzung von WTW gibt es aber keine Musterlösung. Große Unternehmen mit gewachsenen Strukturen bieten auch für Start-ups und deren Mitarbeiter Möglichkeit und Anreize. Als ein Beispiel können hier zusätzliche Mitarbeiter-Leistungen genannt werden: Versicherungen (z.B. Krankenversicherung, Unfallversicherung) sind in großen Unternehmen Standardleistungen für deren Mitarbeiter, in Start-ups mit wenigen Dutzend Mitarbeitern hingegen oft vergleichsweise teuer und deshalb weniger verbreitet, da oft keine günstigeren Gruppentarife abgeschlossen werden können.

Fazit

Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei jeder anstehenden Transaktion frühzeitig das Ziel der Transaktion klar sein sollte. Je nach Ziel der Transaktion sollte zudem der Grad einer späteren Integration feststehen, was zudem eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei der Due Diligence zur Folge hat. Schwerpunkte und Ziele sollten allen an Due Diligence und Integration beteiligten Personen so früh wie möglich bekannt sein, um eventuelle Störgefühle erkennen und bei der Integration berücksichtigen zu können.

Autoren

Director Integrated & Global Solutions, Coordinator HR M&A DACH

Associate Director, Integrated & Global Solutions

Contact us