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Artikel | Benefits Perspectives

Versicherungsmathematische bAV-Gutachten: Der Weg zur Digitalisierung

Von Wilhelm-Friedrich Puschinski | 21. September 2023

Digitalisierung von bAV-Prozessen: Unternehmen verzeichnen großen Bedarf. Weitere Fortschritte erforderlich, um mit hohen Anforderungen und Zeitdruck im Jahresabschlussprozess Schritt halten zu können.
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Der Prozess zur Erstellung von Pensions-Gutachten ist in den letzten vier Jahren kaum digitaler geworden. Gleichzeitig bestehen ein großer Bedarf und ein immenses Interesse an digitalen Lösungen. Zu diesem Ergebnis kommt die WTW Studie „Digitales Aktuariat 2023“, für die rund 200 Unternehmensvertreter aus HR und Finance – von kleinen Unternehmen bis zu DAX-Konzernen – befragt wurden.

Meldung von Personaldaten – Fortschritte stagnieren

Erst bei 14 Prozent der befragten Unternehmen sind Datenmeldungen per Knopfdruck möglich. Knapp die Hälfte der Befragten berichtet, sie seien in Bezug auf die Personaldatenmeldung immerhin recht gut digitalisiert, allerdings mit „Luft nach oben“. Bei fast 40 Prozent der Befragten sind weiterhin viele manuelle Nachbearbeitungen notwendig. Dies betrifft überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen. Dieses Bild ist seit der Vorgängerstudie aus 2019 weitgehend unverändert.

Der Zeitaufwand für die Zusammenstellung der Datenmeldungen hatte sich zwischen 2014 und 2019 im Durchschnitt über alle befragten Unternehmen von ca. 15 Tagen auf ca. 4 Tage reduziert. Ein weiterer Fortschritt wurde in den vergangenen Jahren seit 2019 nicht erzielt. Bei Großunternehmen hingegen hat sich der Aufwand seit von ca. 8,5 Tagen auf 5,5 Tage reduziert. Große Unternehmen scheinen somit weitere Maßnahmen zur Beschleunigung der Prozesse getroffen zu haben. Der Zeitaufwand für die Datenplausibilisierung (ca. ein Tag) hat sich hingegen für Unternehmen aller Größenordnungen seit 2019 kaum verändert.

Weitere Daten für den Gutachtenprozess – nach wie vor manuell

Ein nicht unwesentlicher Teil der regelmäßigen Abstimmungen zwischen Unternehmen und Aktuar besteht darin, die für die versicherungsmathematischen Bewertungen relevanten Parameter (z. B. Diskontierungszinssätze oder Einkommenstrends) sowie weitere Daten (z. B. die Summe der erfolgten Auszahlungen oder des Planvermögens) abzustimmen. Dieser Prozess läuft nach wie vor überwiegend manuell mit relativ vielen (Nach-) Bearbeitungen.

60% der HR-Verantwortlichen und etwa zwei Drittel der Finance-Verantwortlichen sehen Vorteile durch eine web-basierte Datenschnittstelle oder -oberfläche.


Eine Lösung für die Digitalisierung dieses Prozessschrittes kann eine web-basierte Datenschnittstelle oder -oberfläche schaffen: Rund 60 Prozent der HR-Verantwortlichen und etwa zwei Drittel der Finance-Verantwortlichen sehen Vorteile durch diesen Lösungsansatz.

Reporting – noch hohes Digitalisierungspotential

Lediglich zwei Prozent aller Befragten bzw. acht Prozent der Großunternehmen nutzen bereits heute eine vollständig digitalisierte Lösung zur Verarbeitung der Gutachtenergebnisse. Die überwiegende Mehrheit (70 Prozent) der Unternehmen verarbeiten die Gutachtenergebnisse noch manuell. Damit besteht ein hohes Automatisierungspotential – während die inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen für Finance-Abteilungen in der Phase der Jahresabschlusserstellung wohl weiter steigen werden.

40% der Groß- und Mittelstandsunternehmen streben die Nutzung einer automatisierten Buchungsschnittstelle innerhalb der kommenden fünf Jahre an.


Wenngleich das Reporting bisher nur in Ausnahmefällen vollautomatisiert ist, existieren ambitionierte Ziele: 40 Prozent der Groß- und Mittelstandsunternehmen streben die Nutzung einer automatisierten Buchungsschnittstelle innerhalb der kommenden fünf Jahre an.

Um dieses Ziel erreichen zu können, sind einige Hürden zu überwinden. Buchhaltungssysteme und -prozesse sind vielfach nicht einheitlich in einem Konzern, Importfunktionalitäten eingeschränkt. Die Implementierung einer automatisierten Buchungsschnittstelle ist daher ggf. mit hohem Aufwand in der Einrichtung verbunden. Unternehmen benötigen demnach Unterstützung bei der Optimierung ihrer eigenen Technologien und der Reduzierung der Komplexität ihrer Prozesse.

Erwartungen: Steigerung von Effizienz und Qualität

Die befragten Unternehmensvertreter wünschen sich vor allem Flexibilität sowie ein Fortschreiten der Digitalisierung. Knapp 70 Prozent der HR-Befragten wünscht sich eine automatisierte Prüfung der HR-Daten in Echtzeit beim Upload der Personaldaten. Im Finance-Bereich wünschen sich 70 Prozent der Befragten die Option, versicherungsmathematische Bewertungen über einen Onlinezugriff selbst durchführen zu können – gefolgt von der bereits besprochenen automatisierten Buchungsschnittstelle. Last but not least: Eine App, um die wesentlichen Accounting-Ergebnisse jederzeit online greifbar zu haben, steht ebenfalls weit oben auf der Wunschliste.

50% der Befragten sehen zudem sinnvolle Möglichkeiten, Robotik oder Künstliche Intelligenz im Gutachtenprozess zu nutzen.


Rund 50 Prozent der Befragten sehen zudem sinnvolle Möglichkeiten, Robotik oder Künstliche Intelligenz im Gutachtenprozess zu nutzen, z.B. im Bereich der Datenplausibilisierung bzw. bei der Verbuchung der Gutachtenergebnisse. Hier wird sich zeigen, welche Maßnahmen Unternehmen und Gutachter in der Zukunft ergreifen werden, um diesbezüglich wesentliche Fortschritte erzielen zu können.

Doch welche Vorteile bringt die Digitalisierung? Die Befragten sehen hier mehrheitlich eine Steigerung von Effizienz und Qualität. Darüber hinaus soll die Abhängigkeit von historischem Wissen verringert werden, was insbesondere im Hinblick auf eine anstehende Pensionierungswelle ein wichtiges Thema ist.

Die Studie zeigt auch, dass Verbesserungen benötigt werden, um die Erwartungshaltung der Unternehmen erfüllen zu können, denn rund 80 Prozent der HR-Verantwortlichen und 70 Prozent der Finance-Verantwortlichen gehen davon aus, dass sich die Prozesse im Zuge der Jahresabschlussarbeiten beschleunigen werden. Zusätzlich erwarten ca. 60 Prozent der Finance-Verantwortlichen in Zukunft, dass der Bedarf an Planungszahlen (Prognosen) oder Risikoanalysen (Alternativ- / Sensitivitätsberechnungen) ansteigen wird.


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