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Artikel | Risk Perspectives

„Wir entscheiden, ob wir uns an eine Heißzeit anpassen wollen und können.“

25. Februar 2022

Klimarisiken zwingen Unternehmen und Versicherer zum Umdenken. Frank Forster, Head of Risk & Analytics and Strategic Risk Consulting erklärt, was der Klimawandel für das Risikomanagement bedeutet.
Corporate Risk Tools and Technology|Risk & Analytics
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Umweltkatastrophen treten weltweit häufiger und mit gravierenderen Folgen auf. Der menschliche Einfluss auf das Klima ist eine immer größer werdende Bedrohung für Mensch und Wirtschaft – teilen Sie diese Einschätzung?

Es ist nicht die Frage ob, sondern wann und in welchem Ausmaß die Auswirkungen des Klimawandels zu Tage treten. Risikomanager, die immer noch über das ‚ob‘ nachdenken, kommen viel zu spät mit ihren Überlegungen. 

Daten und Wissenschaft liefern seit Jahrzehnten die Beweise. Wir befinden uns inmitten einer signifikanten Klimaveränderung und wir entscheiden jetzt durch unser Handeln, ob wir die globalen Emissionen endlich signifikant begrenzen oder uns an eine "Hot-House-Welt“ anpassen wollen und können.

Was empfehlen Sie Unternehmen im Hinblick auf den Versicherungsschutz?

Für Risikomanager ist es wichtiger denn je, das Risikoprofil ihres Unternehmens genau zu kennen und ihre Entscheidungen mit Daten und Fakten zu untermauern. Eine hilfreiche Möglichkeit besteht darin, neben der bekannten Brand- und Schadenskontrolle auch über Eigenbehalte und Klimarisikomanagement nachzudenken. Bei der Wahl der optimalen Kombination aus Versicherungsschutz, Eigentragung und Prävention stehen unseren Kunden umfangreiche und aussagekräftige Daten- und Analysemodelle zu Verfügung, sodass sie sich nicht blindlings auf den Markt begeben müssen, um ihren Bedarf zu decken. 

Generell muss jedes Unternehmen die Frage des notwendigen Versicherungsschutzes für sich individuell bewerten, denn sowohl die Risiken als auch deren Auswirkungen sind mehrdimensional und komplex. Unternehmen sollten dazu die Themen Klimawandel, Risikomanagement, Nachhaltigkeit und Unternehmensstrategie eng miteinander verbinden.

Entscheidende Fragen, die in diesem Zusammenhang unter anderem beantwortet werden müssen, sind: 

  • Von welchen Klimarisiken sind unsere Standorte in welchem Maß betroffen?
  • Welche finanziellen Verlustpotenziale sind damit verbunden und wie können wir uns davor schützen?
  • Welche regulatorischen Anforderungen müssen wir beachten und wie sehen unsere entsprechenden Haftungsrisiken aus?
  • Welche Risiken und Chancen ergeben sich für uns aus einer Umstellung auf ein klimaneutrales Wirtschaften?

Regierungen stoßen bei der Durchsetzung von Klimazielen auf Probleme. Welche Konsequenzen hat das Ihrer Meinung nach für Unternehmen?

Die Folgen des Klimawandels sind bereits heute in verschiedensten Ausprägungen spürbar und haben eine direkte Auswirkung auf viele Geschäftsbereiche. Für Unternehmen in z.B. kohleintensiven Branchen wird es zunehmend schwer, Versicherungsschutz zu erhalten, denn die Versicherer verpflichten sich ebenfalls zu den Klimazielen. In der Konsequenz investieren sie nicht mehr in kohlenahe Unternehmen.

Hinzu kommt: Klimabedingte Ereignisse und Katastrophen haben für Unternehmen sowohl Auswirkungen auf das interne Geschäftsmodell als auch auf Beziehungen mit Partnern und Lieferanten. Die möglichen Konsequenzen reichen dabei von Lieferkettenunterbrechungen über Rechtsstreitigkeiten bis hin zu Kosten für Notfallreaktionen und humanitäre Verluste. 

Könnten Captives oder ILS eine Alternative für Unternehmen sein?

Ganz klar: ja! Captives werden an Bedeutung gewinnen, weil sie flexibler und preisgünstiger sind. Sie können die Auswirkungen hoher Prämien abmildern, da sie – anders als Versicherer – kein Gewinnelement einkalkulieren und stärker auf vorteilhafte Veränderungen wie verbesserte Risikominderung und analytisch gesteuerte Risikooptimierung reagieren können. Auch ILS-Lösungen (Insurance Linked Securities), die die potenzielle Rendite bei steigenden Zinsen für Kapitalanleger immer interessanter machen, stellen eine attraktive Alternative dar. 

Einige Länder wie z.B. Australien haben bereits staatlich-private Lösungen in die Wege geleitet. Sieht so die Zukunft der Versicherungsbranche aus?

Für einige Risiken wären staatlich-private Lösungen sinnvoll, denn der Versicherungsmarkt bietet für exponierte Risiken und ausgewählte Branchen nur noch beschränkt Kapazitäten. Mit der Zunahme von Katastrophen werden wir an die Grenzen der Versicherbarkeit kommen. 

Dadurch stellen sich neue Herausforderungen im Risikomanagement: Es wird umso mehr notwendig, Risiken besser zu verstehen sowie geeignete und effiziente Maßnahmen zu ergreifen, um diese in den Griff zu bekommen.

Als kritisches strategisches Thema hat der Klimawandel inzwischen seinen Weg in die Vorstandsebenen gefunden. Denn es ist zu erwarten, dass sich die Risikotrends innerhalb der nächsten zehn bis 30 Jahre verstärken und somit bereits auf die heutigen Entscheidungen Einfluss nehmen.

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