Mit Hauptinhalt fortfahren
main content, press tab to continue
Artikel | Benefits Perspectives

IDW zur Bewertung von Rückstellungen für bAV aus rückgedeckten Direktzusagen

IDW RH FAB 1.021

Von Thomas Weppler | 2. Dezember 2021

Mit dem aktuellen Rechnungslegungshinweis wird geregelt, wann Rückdeckungsversicherungsanspruch und Pensionsverpflichtung in der Handelsbilanz kongruent zu bewerten sind.
Retirement
N/A

Der IDW Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) hat am 30.04.2021 einen Rechnungslegungshinweis „Handelsrechtliche Bewertung von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus rückgedeckten Direktzusagen“ (IDW RH FAB 1.021) verabschiedet.1 Im Mittelpunkt steht die Frage, in welchen Fällen eine kongruente Bewertung, d.h. eine der Höhe nach übereinstimmende (bzw. in Teilen übereinstimmende) Bewertung von Rückdeckungsversicherungsanspruch und Pensionsverpflichtung zu erfolgen hat.

Der Hinweis ist erst für Bilanzstichtage ab dem 31.12.2022 verpflichtend anzuwenden.

Bisherige Vorgehensweise in der Praxis

Werden Leistungen aus einer Direktzusage über eine Rückdeckungsversicherung finanziert, so erfolgt in der bisherigen Bilanzierungspraxis häufig eine getrennte Bilanzierung und Bewertung der Versorgungsverpflichtung einerseits (abgezinster Erfüllungsbetrag nach § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Handelsgesetzbuch – HGB) und des Rückdeckungsanspruchs andererseits (Aktivwert). Dabei kann es zu teilweise erheblichen Unterschieden in den Wertansätzen kommen, selbst dann, wenn die Zahlungen aus der Versicherung hinsichtlich Höhe und Zeitpunkte (nahezu) deckungsgleich mit den Zahlungen an den Versorgungsberechtigten sind.

Bei Zusagen, deren Höhe sich ausschließlich nach den Leistungen des Rückdeckungsversicherers richtet (versicherungsgebundene Zusagen), wird der Erfüllungsbetrag nach den Grundsätzen für eine „wertpapiergebundene Zusage“ gemäß § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB behandelt (korrespondierende Bewertung der Versorgungsverpflichtung mit dem Aktivwert der Rückdeckungsversicherung). Ein praxisrelevanter Fall ist die beitragsorientierte Leistungszusage (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsrentengesetz – BetrAVG), im Rahmen derer der Arbeitgeber einen der Höhe nach bestimmten jährlichen Versorgungsbaustein in eine Versicherung investiert, auf die in der arbeitsrechtlichen Versorgungsregelung ausdrücklich Bezug genommen wird.

Korrespondierende Bewertung auch auf leistungskongruente Versicherungen ausgedehnt

Nach IDW RH FAB 1.021 kommt die korrespondierende Bewertung von Versorgungsverpflichtung und Versicherungsanspruch auch dann zum Tragen, wenn keine formale Versicherungsbindung vorliegt, die Versicherungsleistung aber bestimmungsgemäß die Versorgungsverpflichtung auf Basis einer Zahlungsstrombetrachtung leistungskongruent abdeckt:

  • Primat der Aktivseite: Dabei kann auf den Grundsatz des § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB zurückgegriffen werden. Die Pensionsverpflichtung wird dann mit dem Buchwert des korrespondierenden Rückdeckungsversicherungsanspruchs, also nach den Rechnungsgrundlagen des Versicherungstarifs bewertet.
  • Primat der Passivseite: Alternativ lässt sich eine kongruente Bewertung auch durch den Ansatz des Versicherungsanspruchs in Höhe des abgezinsten Erfüllungsbetrags der korrespondierenden Pensionsverpflichtung, also mit den Rechnungsgrundlagen des § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB erreichen.

Liegt keine Kongruenz vor, so muss unterschieden werden, ob es sich zum Abschlussstichtag um eine Über- oder Unterfinanzierung handelt:

  • Überfinanzierung: Soweit sich höhere Zahlungen der Rückdeckungsversicherung ergeben, ist der überschießende Versicherungsanspruch zusätzlich zu aktivieren und unterliegt den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen.
  • Unterfinanzierung: Soweit sich höhere Zahlungen des Arbeitgebers ergeben, ist für die ungedeckten Versorgungsansprüche eine zusätzliche Pensionsrückstellung nach den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zu bilden.

Sinngemäße Anwendung auch auf Fehlbeträge aus mittelbaren Versorgungszusagen

Die genannten Grundsätze gelten sinngemäß auch bei der Ermittlung des Fehlbetrags aus mittelbaren Versorgungszusagen nach Art. 28 Abs. 2 bzw. Art. 48 Abs. 6 Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (EGHGB). Dies betrifft z.B. Fälle, in denen das Vermögen einer rückgedeckten Unterstützungskasse einen Versicherungsanspruch enthält.

Fazit

IDW RH FAB 1.021 ist grundsätzlich zu begrüßen, da er zu einem den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechenden Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führt.

Hinweise für die Praxis

Wichtige Detailfragen werden in den Fachgremien aktuell noch diskutiert. Dennoch empfiehlt sich eine zeitnahe Prüfung, welche Versorgungszusagen konkret betroffen sind. Häufig erfolgt eine formale Bindung an den Versicherungsanspruch nur für bestimmte Leistungskomponenten. Eine kongruente Bewertung auf Basis des Zahlungsstromvergleichs ist nur insoweit vorzunehmen, wie die Versorgungsleistungen abgesichert sind.

Beim erstmaligen Einbezug von Versicherungsverträgen in die kongruente Bewertung kann es zur aufwandswirksamen Zuführung der Pensionsrückstellung bzw. zur Abwertung des Versicherungsanspruchs kommen. Daher sollten betroffene Unternehmen rechtzeitig prozessuale Anpassungen, z.B. bei den Pensionsgutachten, vornehmen und etwaige Ergebniseffekte durch den versicherungsmathematischen Gutachter abschätzen lassen. Für die Bewertungen werden häufig zusätzliche Informationen über den Versicherungsvertrag benötigt.

Eine Nichtanwendung von IDW RH FAB 1.021 ist bei Abschlüssen für Zeiträume, die vor dem 31.12.2022 enden, durch den Abschlussprüfer nicht zu beanstanden. Bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr sollte sich das Unternehmen auf eine Erstanwendung spätestens in dem für das Geschäftsjahr 2022 aufzustellenden handelsrechtlichen Abschluss vorbereiten.

Fußnote

1 IDW Life 07/2021, 777.

Autor

Associate Director Retirement – Tax/Accounting

Contact us