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Artikel | Risk Perspectives

Neuland ESG: Risiken richtig verstehen

2. März 2023

Der Einfluss von ESG nimmt weiter zu. Staat, Versicherer und Investoren fordern Unternehmen zunehmend auf nachzuweisen, wie sie den Anforderungen an eine verantwortungsvolle, ESG-konforme Unternehmensführung gerecht werden. Doch das Thema ist komplex und der Markt noch zu unerfahren im Umgang mit ESG.
ESG and Sustainability|Climate
ESG In Sight

Widerspruch oder normal? ESG rückt weltweit in den Fokus der Risikomanager. Allerdings lassen die Fortschritte der Unternehmen – das Festschreiben von konkreten Maßnahmen und messbaren Zielen – noch auf sich warten: Nur 17 Prozent der Befragten unseres ESG Risk Managers Survey 2022 konnten bestätigen, im Risikomanagement über dokumentierte ESG-Ziele mit klaren Meilensteinen zu verfügen. Unternehmen können sich aber nur dann gut gegen ESG-Risiken absichern, wenn sie relevante Ziele, Maßnahmen und Erfolge vorweisen können.

Ein Grund für die schleppende Umsetzung: Hinter Environmental, Social und Governance steht eine komplexe Themenwelt – von einer klimaneutralen und nachhaltigen Produktion über Mitarbeiterwohlbefinden, soziale Standards bis hin zur Einhaltung von Compliance-Richtlinien. Bisherige Versuche, ESG-Kriterien zu klassifizieren (das MSCI Rating oder Sustainalytics) listen zwischen 20 und 40 Key Issues auf, nach denen eine Bewertung vorgenommen werden könnte. Darüber hinaus sind aber Kriterien, wenn es sie gibt, je nach Branche und sektorspezifischen Standards immer wieder anders zu gewichten. Unternehmensberatungen werden zum Beispiel dem Bereich Governance eine höhere Bedeutung beimessen als das produzierende Gewerbe.

Für international agierende Unternehmen ergibt sich ein weiteres Problem. Jede Region setzt ihren eigenen Schwerpunkt bei ESG. So liegt in Europa der Fokus eher auf Umwelt-, in den USA dagegen auf sozialen Kriterien wie Diversität. Hinzu kommt eine unterschiedliche Auslegung der einzelnen Begriffe: Während deutsche Versicherer keine Risiken bei neuen Kohlekraftwerken mehr zeichnen, lassen sich auf einigen ausländischen Märkten die nötigen Kapazitäten noch beschaffen. Eine ESG-Strategie ist somit nicht pauschal auf andere Regionen ausweitbar und Unternehmen müssen sie im Einzelfall an die örtlichen Gegebenheiten anpassen.

Sich einen vollumfänglichen Überblick zu verschaffen, ist herausfordernd, da es die Vorlage für eine Blaupause noch gar nicht geben kann.

Zwei große Hürden bei der Umsetzung von ESG

Damit sind die beiden Hauptprobleme im Umgang mit ESG klar umrissen: Es fehlt eine Quantifizierung der Ziele, also eine Art Rahmenkatalog durch die Politik. Und es mangelt – verständlicherweise – an Umsetzungserfahrung auf Unternehmensseite. Viel greifbarer hingegen sind die Risiken, die sich aus Nicht-Einhaltung von ESG-Pflichten ergeben.

Versicherbarkeit und Kreditwürdigkeit stehen auf dem Spiel

ESG-Risiken bereiten insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen Schwierigkeiten: Diese verfügen häufig nicht über genügend Ressourcen, um ESG-Risiken zu erschließen, Folgen abzuwägen und Vorkehrungen zu treffen. Bislang übt auch die Politik noch nicht so viel Druck aus, dass eine schnellere Umsetzung in Sicht wäre. Zwar wird eine Vernachlässigung der ESG-Pflichten nicht mit Bußzahlungen sanktioniert und auch Versicherer nehmen noch Abstand davon, Deckungen gänzlich abzulehnen. Aber die steigende Relevanz von ESG könnte dies ändern. Wer das Thema „auf die lange Bank schiebt“, läuft Gefahr, unversicherbar zu werden. Im Worst-Case-Szenario ist sogar die gesamte Existenz eines Unternehmens bedroht, denn auch Investoren stehen in der ESG-Pflicht und werden nachhaltige Investments zunehmend priorisieren.

Komplexes einfach machen

 

Was ist zu tun, damit das eigene ESG-Risiko beherrschbar wird? Um es zu verstehen und seine Auswirkungen zu erfassen, muss es zunächst in messbare, überschaubare Einzelrisiken aufgeteilt werden. Am Beispiel des Klimarisikos etwa sind dies drei Bereiche: physische Risiken, Veränderungs-Risiken und Haftpflichtrisiken.

Eine solche Aufsplittung können Unternehmen und ihre Risikoberater auch für zahlreiche andere ESG-Risiken vornehmen. Anschließend lassen sich umsetzbare Maßnahmen und entsprechende KPIs leichter ableiten.

Wir messen die Risiken im Kontext des Klimawandels und berechnen mit Hilfe unserer hausinternen Modellierungssoftware beispielsweise die Wiederkehrperioden von Naturkatastrophen. So können Unternehmen gezielt Präventionsmaßnahmen in Verbindung mit einer ökologischen und nachhaltigen Bauweise ergreifen. Unsere Dienstleistungen umfassen nicht nur Daten und Analysen, sondern auch Change Management und Kommunikation.

Bei den bürokratischen Hürden bringen wir als Berater unsere Erfahrung aus vorherigen Projekten ein und unterstützen bei der Erfüllung der Offenlegungs-Pflichten. Gerade in der Bürokratie ist für Unternehmen vieles neu, was wir als strategischer Risikoberater bereits vielfach durchlebt haben. Und um abschließend die Haftpflichtrisiken abzusichern, unterstützt WTW als Versicherungsmakler mit alternativen Kapazitäten und bietet Absicherungslösungen.

 

Kreative Ansätze gefragt

Fest steht bereits jetzt: Die Versicherung allein reicht nicht aus, um sich umfassend gegen die neu aufkommenden ESG-Risiken abzusichern. An dieser Stelle sind Risikomanager und wir als Risikoberater gefragt, kreative Lösungen zu finden. Die Nutzung von Daten und Tools zur quantitativen Risikoanalyse sind dabei wichtige Werkzeuge, um die individuelle Risikosituation zu erfassen und fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Als externer Berater unterstützen wir Risikomanager ebenso wie mittelständische Unternehmen, die keine eigene ESG-Einheit betreiben können. Sie alle profitieren von der umfassenden Expertise aus anderen ESG-Projekten und unserem umfangreichen, strategischen Ansatz. Bedarf besteht insbesondere in der Umsetzung der komplexen ESG-Prozesse, aber auch in der Schulung von Mitarbeitenden und der Bereitstellung alternativer Risikotransferlösungen.

Die zunehmende Relevanz von ESG wird in Zukunft großen Einfluss auf das Risiko- und Versicherungsmanagement nehmen. Um die Anforderungen umzusetzen und in der Unternehmensstrategie zu verankern, brauchen Unternehmen konkrete Maßnahmen mit quantifizierbaren Zielen und einer marktgerechten Dokumentation. Nur so lassen sich Fortschritte und Erfolge messbar und nachweisbar machen.


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