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Artikel | Risk Perspectives

Haftpflicht: Anpassungen per Skalpell und nicht per Motorsäge

Von Jörg Bechert | 20. Oktober 2022

Eine grundlegende Kehrtwende ist in der Haftpflichtversicherung nicht zu erwarten. Etwaige Anpassungen bei kritischen Risiken sind eher als Risikobegrenzung für den Versicherer anzusehen.
Casualty
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Kein weiterer Kapazitätsrückgang in Aussicht

Schon in den letzten Jahren haben die Haftpflichtversicherer sich zum Ziel gesetzt, ihre Portfolios auskömmlich zu gestalten. Die Anbieter überprüften die zur Verfügung gestellten Kapazitäten je einzelnem Risiko und senkten diese maßgeblich in den Fällen, in denen sie maximal ausgeschöpft waren. Das Höchstlimit reduzierten sie teilweise um bis zu 50 Prozent. Da die Versicherungssumme zudem für viele Kunden kleiner als deren Nachfrage war, stiegen die Prämien dem Marktzyklus folgend an. Dieser Zustand hält auch heute an, verschärft sich aber nicht. Ihr Angebot an Kapazitäten halten die Versicherer auf dem bisherigen Niveau.

Anpassungen auf Bedingungsseite: Cyber, ESG, Krieg, Inflation

Auch wenn die Marktlage in der Haftpflichtversicherung grundsätzlich stabil ist, planen die Versicherer Anpassungen, insbesondere auf der Bedingungsseite. Für die bevorstehende Erneuerungsphase zeichnen sich einige herausfordernde Themen ab:

  • Abgrenzung Cyber-Risiken per Ausschluss: Versicherer wollen eine eindeutige Zuordnung dieser Risiken in die Cyber­-Versicherung. (Un-­)Mittelbare Personen und Sachschäden sind von diesem Ausschluss nicht betroffen.
  • Länderausschluss Ukraine, Russland, Belarus: Für den schon durch Wirtschafts-­ und Handelssanktionen eingeschränkten Versicherungsschutz planen die Versicherer einen auf diese Länder bezogenen territorialen Risikoausschluss.
  • Nachhaltigkeitsrisiko: Ein gutes Beispiel für neu aufkommende Risiken aus ESG-­Verpflichtungen ist der geplante Ausschluss von Industriechemikalien. PFAS sind per­ und polyfluorierte Alkylverbindungen, die sich in vielen Produktgruppen wiederfinden. Diese wasser-­, schmutz­- und fettabweisende Chemikalie ist in Outdoorkleidung, Teflonpfannen und auch Feuerlöschschäumen enthalten. Mit dem Slogan „Gekommen, um zu bleiben“ warnt bereits das Umweltbundesamt vor dieser Ewigkeits­-Chemikalie.
  • Inflationsrisiko: Die Versicherer haben bereits begonnen, die Auswirkungen der gestiegenen Inflation, die die Kosten­ und Schadenseite beeinflusst, über Prämienerhöhung weiterzugeben.
  • „Social Inflation“: Unter diesem Stichwort wird die Entwicklung der in gerichtlichen Juryverfahren zugesprochenen Schadensummen zusammengefasst. Diese Summen sind in den letzten Jahren massiv angestiegen und die Urteile damit unkalkulierbar geworden. Das bezieht sich sowohl auf die Zurechnung von Verantwortung als auch auf die anschließend zugesprochenen (Straf­-)Schadenersatzsummen.

Auch wenn die erstinstanzlichen Urteile in den weiteren Instanzen „korrigiert“ werden, so zeigt sich doch eine Tendenz. „Social Inflation“ wird Einfluss auf die Möglichkeit haben, US­Tochtergesellschaften innerhalb eines internationalen Versicherungsprogramms mitzuversichern. Anpassungen über lokale Absicherungsnotwendigkeiten und dem Anschlusspunkt aus dem deutschen Programm sind zu erwarten.

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