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Artikel | Benefits Perspectives

Kosten für medizinische Versorgung steigen 2022 weltweit rasant

WTW 2022 Global Medical Trends Survey

Von Sibylle Kampschulte und Jun-Sub Park | 28. Februar 2022

Die Pandemie verändert bestehende Krankheitsbilder und Kostentreiber. Neue Angebote (z.B. Telemedizin, Wellbeing) unterstützen Unternehmen beim Management der Krankheitskosten und der Prävention.
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Wie schon im Vorjahr steigen die betrieblichen Krankenversicherungskosten weltweit weiterhin an, wie der 2022 Global Medical Trends Survey von WTW zeigt. Mit +8,1 Prozent liegt die erwartete Steigerung überall (teils deutlich) über der allgemeinen Inflation. Eine Trendumkehr ist nicht zu erwarten: Mehr als drei Viertel der Versicherer weltweit erwarten höhere bzw. signifikant höhere Kosten für Krankenversicherungen über die nächsten drei Jahre.

+8,1%
Für 2022 erwartete Steigerung der betrieblichen Krankenversicherungs-Kosten

International agierende Unternehmen benötigen nun mittel- bis langfristige Strategien und ein tiefes Verständnis der lokalen und regionalen Gründe, um dem Kostenanstieg die Stirn bieten und eine erfolgreiche Schadensprävention initiieren zu können. Neue Angebote, der zügige Ausweitung von Telemedizin-Angeboten und Wellbeing Services, unterstützen Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Antworten.

Kostentreiber Pandemie

Wie in den Vorjahren unterscheiden sich die Steigerungsraten zwischen den Regionen deutlich, von durchschnittlich 14,2 Prozent in Lateinamerika, über 10,2 Prozent im Nahen Osten und Afrika, 7,6 Prozent in Asien und den USA, bis hin zu 6,7 Prozent in Europa.

Die Entwicklungen sind weltweit auch deshalb so unterschiedlich, weil

  • COVID-19 als einer der wesentlichen Kostentreiber in den verschiedenen Ländern zu verschiedenen Zeiten in den Jahren 2020 und 2021 zu Peaks im Infektionsgeschehen führte,
  • die staatlichen Gesundheitssysteme von Land zu Land unterschiedliche Leistungen bringen
  • und nicht zuletzt auch die lokalen Maßnahmen bzw. Einschränkungen deutlich variieren.

Die lokale Volatilität bleibt aufgrund der anhaltenden großen Unsicherheit durch die Pandemie hoch.

Home-Office am Küchentisch: Einsamkeit und Bewegungsmangel treiben Krankheitskosten

Erkrankungen des Bewegungsapparates (muskuloskelettale Erkrankungen) – im Vorjahr noch der fünftgrößte Kostentreiber – verursachen mittlerweile in Europa die höchsten Gesundheitskosten, weltweit sind sie auf Platz 3 aufgestiegen. Damit haben sie in Europa mittlerweile sogar die Kosten von Krebsbehandlungen überholt. Herzkreislauf-Erkrankungen verursachen weltweit die zweithöchsten, europaweit die dritthöchsten Gesundheitskosten. Beides dürfte u.a. auf die schlechtere ergonomische Ausstattung beim Arbeiten im Homeoffice und den damit einhergehenden Bewegungsmangel zurückzuführen sein.

Die größten Kostentreiber in der betrieblichen Krankenversicherung

Die größten Kostentreiber in der betrieblichen Krankenversicherung sind Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Erkrankungen des Bewegungsapparats, wie der WTW Global Medical Trends Survey zeigt.
Lateinamerika Asien/Pacific Europa Naher Osten/Afrika
Krebs Krebs Bewegungsapparat Herz-Kreislauf-System
Herz-Kreislauf-System Herz-Kreislauf-System Krebs Krebs
COVID-19 Bewegungsapparat Herz-Kreislauf-System Diabetes
Diabetes Gastrointestinale Erkrankungen Psychische Erkrankungen COVID-19
Bewegungsapparat Unfälle, Verletzungen Unfälle, Verletzungen Gastrointestinale Erkrankungen

Die signifikantesten Kostensteigerungen werden für die Behandlung von psychischen Erkrankungen erwartet. Auch hier dürfte die Pandemie bestehende Entwicklungen verstärkt bzw. beschleunigt haben.

Entfallene Vorsorgeuntersuchungen – teurere Behandlungen

Die Kosten für Krebsbehandlungen sind gefallen, weil in der Pandemie Vorsorgeuntersuchungen vielfach nicht wahrgenommen wurden. Erwartet wird jedoch ein rapider Kostenanstieg in den nächsten 18 Monaten, da einerseits viele Vorsorgeuntersuchungen jetzt nachgeholt werden und andererseits Fälle, die jetzt erst spät erkannt werden, deutlich aufwendigere und damit teurere Behandlungen nach sich ziehen werden.

Handlungsoptionen für Unternehmen

Deckungsausschlüsse eliminieren: Zahlreiche betriebliche Krankenversicherungsverträge beinhalten immer noch Deckungsausschlüsse für bestimmte Erkrankungen z.B. HIV/AIDS, Alkoholismus und Drogenkonsum. Spätestens die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig umfassender Schutz ist, und auch dass hier Verhandlungsspielraum bestehen kann. Unternehmen sollten diesen nutzen und Ausschlüsse so weit als möglich eliminieren. 

Wellbeing fördern: Um den Kostensteigerungen langfristig wirksam entgegenzutreten gilt am wohl wichtigsten, aber auch diffizilsten Einflussfaktor anzusetzen: den versicherten Mitarbeitern. Nachhaltiges Kostenmanagement bedarf einer nachhaltigen Verhaltensänderungen bei den Mitarbeitern, durch Veränderungen (=Verbesserungen) im Lebensstil, aber auch durch die richtige und effiziente Nutzung von Präventionsangeboten. Entsprechende Wellbeing-Strategien sollten möglichst genau auf das jeweilige Unternehmen, aber auch die Herausforderungen des jeweiligen Landes zugeschnitten sein. Viele Versicherungspakete bieten hierfür bereits entsprechende Services.

Telemedizinische Angebote können das Kostenmanagement wesentlich unterstützen. Sie haben mit der Pandemie einen deutlichen Aufwind erhalten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Angebote wurden und werden weltweit deutlich verbessert. Wellbeing-Services umfassen z.B.:

  • Mitarbeiter-Portale, die grundlegende Informationen zu Prävention und gesundem Lebensstil bieten und auch mit bereits vorhandenen Tracking-Tools verknüpft werden können
  • Employee Assistance Pläne, die umfassende Unterstützung in schwierigen Lebenssituationen (z.B. Stressberatung, Unterstützung bei familiären Problemen, Trauer/Verlust, Depressionen etc.) bieten
  • Gesundheits-Tipps mit Basis-Informationen, z.B. per Video-Clips
  • Spezifische Programme, z.B. zur Unterstützung in der Schwangerschaft, bei chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, oder bei Suchterkrankungen (z.B. Raucherentwöhnung, Drogenentzug)
  • Fitness Challenger zur Unterstützung bzw. Aufbau der allgemeinen Fitness
  • Financial Education Plattformen

Fazit: Kostentreiber gezielt angehen

Die Kosten für medizinische Versorgung steigen weiter an. Providerhopping und Verhandlungsgeschick alleine werden dies langfristig nicht ausreichend bremsen. Die Kosten managen heißt daher im ersten Schritt, sowohl die generellen als auch die speziellen Kostentreiber im Unternehmen zu analysieren. Auf dieser Basis gilt es, die richtigen Schlüsse ziehen. Wellbeing-Maßnahmen, welche auf Prävention setzen, sind ein wichtiger Baustein, um langfristig Erfolge durch nachhaltige niedrigere Schadensquoten zu erreichen.

Autoren

Director Integrated & Global Solutions, Coordinator HR M&A DACH

Associate, Integrated & Global Solutions

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