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Artikel | Benefits Perspectives

Digitaler Relaunch der bAV-Kommunikation bei Bosch

Von Stephan Hahr und Dr. Franziska Kühnemund | 15. Dezember 2021

Die Erwartungen der Mitarbeiter in Bezug auf ihre bAV-Erfahrungen wandeln sich. Das neu aufgestellte bAV-Portal von Bosch zeigt, wie digitaler Service und Kommunikation damit Schritt halten können.
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Im Consumer-Bereich haben die voranschreitende Digitalisierung und die Erfahrungen der COVID19-Pandemie zu einem nachhaltig veränderten Einkaufsverhalten geführt. Das Smartphone ist Studien zufolge zum dominanten Treiber des E-Commerce geworden. Kunden kaufen nicht nur immer häufiger mobil ein, sie sind es auch gewohnt, dass sie mit ihren Bedürfnissen und Gewohnheiten im Mittelpunkt stehen. Einkaufsseiten wie die von Amazon gelten mittlerweile in Bezug auf ihre Customer Centricity als Vorreiter und gleichzeitig als Maßstab für ihre Branche. Konsumenten sind in der Mehrheit allerdings auch Arbeitnehmer und so sind Unternehmen mit ihren Angeboten zunehmend auch mit den veränderten Ansprüchen ihrer Mitarbeiter konfrontiert, die sich aus den Erfahrungen im Consumerbereich ableiten. Das betrifft neben vielen anderen Themen auch die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Mitarbeiter müssen sich – vereinfacht gesagt – darin wiederfinden. Das bedeutet: Wenn Unternehmen mit ihrem bAV-Angebot attraktiv und glaubhaft wahrgenommen werden wollen, sollten sie bestrebt sein, die Kommunikation ebenso konsumorientiert zu digitalisieren und den Service und die damit einhergehende Nutzerfahrung an die Bedürfnisse ihrer Belegschaft anpassen.

Digitale Kommunikation auch im Rentenalter weit(er) verbreitet

Das gilt gleichermaßen in Bezug auf den heutigen Bestand an Leistungsempfängern und erst recht für kommende Rentnergenerationen. Senioren finden sich nicht im Internet zurecht und schreiben keine Emails – dieses pauschale Urteil scheint das Bild der Generation 60+ bis heute zu prägen. Zu Unrecht. Inzwischen hat diese Kohorte massiv digital aufgeholt: Drei Viertel (75%) der ab 70-Jährigen nutzte 2020 der ARD/ZDF-Onlinestudie zufolge das World Wide Web. Bei der nachfolgenden Alterskohorte der heute 50- bis 59-Jährigen liegt der Anteil mit 96% beinahe ebenso so hoch wie bei jüngeren Altersgruppen (100%).

Erstaunlicherweise ist die bAV-Kommunikation an die Betriebsrentner in der Praxis überwiegend noch analog auf Papier ausgerichtet. Digitale Kommunikationslösungen werden laut der Digitalisierungsstudie von Willis Towers Watson zwar von 58 Prozent der befragten Unternehmen für Anwärter eingerichtet. Jedoch nur 22 Prozent aller befragten Unternehmen halten entsprechende Servicelösungen auch für ihre Leistungsempfänger bereits parat.

Bosch: digitale Kommunikation ganz neu gedacht

Vor diesem Hintergrund hat Bosch zusammen mit Willis Towers Watson ein vollkommen neues bAV-Portal konzipiert und entwickelt, das sich an den Nutzererfahrungen und Standards im Konsumentenbereich orientiert. Das Portal ist Anfang 2020 live gegangen. Schon frühzeitig hat der Technologie- und Dienstleistungskonzern, der seinen rund 235.000 Mitarbeitern, unverfallbar Ausgeschiedenen und Leistungsbeziehern in Deutschland die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation erkannt und vor bereits vierzehn Jahren erstmals einen Online Konto Service für seine Mitarbeiter eingeführt. Dieses Portal ist über die Jahre hinweg mit detaillierten bAV Informationsseiten und komplexen Berechnungstools gewachsen.

Um die gestiegenen Ansprüche der Mitarbeiter als auch der Leistungsempfänger zu adressieren, wurde eine Modernisierung des digitalen Serviceangebots beschlossen. Dabei wurde das Ziel einer guten User Experience gesetzt, was u.a. eine technologische Erneuerung erforderlich machte. Eine „Renovierung“ des vorhandenen Portals kam damit als Konzept nicht mehr infrage. Und auch der Content benötigte einen Neustart. Denn die Informationsebene des Portals wurde bestimmt von Fachsprache, die zu wenig an den Nutzern ausgerichtet war. Dem schnellen Leser mit geringem Zeitbudget ging schnell die Übersicht im großen Angebot und der Seitenstruktur verloren. Daher wurde die Entscheidung getroffen, ein vollkommen neues Portal – technologisch wie inhaltlich – zu entwickeln, bei dem der Ansatz einer strikten Nutzerorientierung im Mittelpunkt stand. Leitgedanke dabei: Analog zum Consumerbereich erweckt nur eine konsequent auf den Nutzer ausgerichtete Seite die Aufmerksamkeit und die Lust der Bosch Mitarbeiter an der Beschäftigung mit der Thematik.

Personalisierte Angebote im Fokus

Um dieses Ziel zu erreichen, standen von Anfang an personalisierte Angebote im Fokus. Die Informationsbedürfnisse eines Berufseinsteigers sind zum Beispiel vollkommen andere als die eines rentennahen Mitarbeiters. Basis für das Design des Portals bildeten Befragungen und Verprobungen mit Mitarbeitern unterschiedlichen Alters. Dabei standen die Fragen im Fokus: Was wollen die einzelnen Mitarbeiter wissen? Welche Informationen sind für sie relevant und damit wünschenswert? Welches Vorwissen bringen sie mit, so dass klar ist: Wie können sie zielgruppengerecht angesprochen werden?

Basis für das Design des Portals bildeten Befragungen und Verprobungen mit Mitarbeitern unterschiedlichen Alters.

Im Ergebnis bietet das neue Portal deutlich vereinfachte Content-Strukturen ergänzt durch Erklärvideos und zusätzliche Services wie beispielsweise eine Entgeltumwandlungserklärung online oder das Abonnement von nach Themen sortierten Newslettern. Aber auch Rentner können Ihre Bank- oder Adressdatenänderungen online abgeben. Insgesamt steht eine intuitive Bedienbarkeit auch bei komplexen Elementen wie Simulationen oder einem Versorgungslückenrechner im Vordergrund. Zusätzlich wurde die Plattform technisch kompatibel für alle Ausgabegeräte gestaltet, so dass je nach Display Größe der Geräte eine optimierte Darstellung gewährleistet ist. Eine Zwei-Faktor-Authentifizierung gewährleistet einen sicheren Zugang des Nutzers auf dem aktuellen Stand der Technik. Gleichzeitig ermöglicht das System einen barrierefreien Zugang über das Bosch-Intranet, ohne dass sich der Mitarbeiter noch einmal separat anmelden muss (Single Sign-on).

Segmentierung in 16 verschiedene User-Typen auf Basis der bAV-Journey – vom jungen Anwärter bis zum Leistungsempfänger

Um den Nutzer eine möglichst individuelle Erfahrung auf Basis ihrer persönlichen Lebens- und Versorgungssituation zu bieten, wurde eine Segmentierung in insgesamt 16 verschiedenen User-Typen vorgenommen, die sich durch Alter, Betriebszugehörigkeit oder dem Beteiligungsgrad an der bAV, etc. unterscheiden. Jeder User-Typ bekommt dadurch auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Informationen hervorgehoben dargestellt ohne dass andere Informationen verloren gehen. Abgerundet wird das Angebot durch die digitale Ablage wichtiger Dokumente und einem integrierten Kontaktformular. Dabei erlaubt ein integriertes Content-Management-System eine laufende Aktualisierung von Inhalten, so dass das System dynamisch betrieben werden kann.

Positives Feedback und steigende Zugriffszahlen

Die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Portal sind durchweg positiv. Vor allem aber ist eine Win-win-Situation durch das neue Portal entstanden: Aus Sicht von Bosch und Willis Towers Watson schlägt eine dauerhafte Verschlankung der Prozesse in der bAV-Administration durch umfassende Digitalisierung zu Buche. Damit können Effizienzpotentiale realisiert werden, die den mit zunehmender Komplexität, z.B. infolge weiterer Regulierung, entstehenden Kosten entgegenwirken. Auf Ebene der Mitarbeiter ist die Anzahl der Zugriffe auf das Portal um über 50% im Vergleich zu den Zugriffen vor dem digitalen Relaunch des Portals gestiegen. Die Zugriffe erfolgen hierbei mit durchschnittlich 65% via Single Sign-on, was den Schluss nahelegt, dass das Konzept einer barrierefreien Nutzerorientierung angenommen wird. Ziel also erreicht. Zudem wurden seit dem Launch über 16.000 neue Online-Anträge oder Änderungsanträge zur Entgeltumwandlung verzeichnet und die Papieranträge stark reduziert. Das hebt zudem die Flexibilität des Angebots hervor und es ist als (vorläufiges) Ergebnis auch eine höhere Partizipation an der Entgeltumwandlung festzustellen.

Seit dem Launch über 16.000 neue Online-Anträge oder Änderungsanträge zur Entgeltumwandlung, Papieranträge stark reduziert

Modular aufgebautes System mit Erweiterungsmöglichkeiten

Nicht zuletzt ist bei der Entwicklung die Zukunftsfestigkeit des Portals durch einen modularen Aufbau berücksichtigt worden. So ist ein Ausbau mit weiteren Funktionalitäten, aber auch die Verzahnung in der Verwaltungsplattform möglich. Beispielsweise wurde im November 2021 das Portal mit einer Ticketauskunft ausgestattet, wodurch der Mitarbeiter den Stand der Bearbeitung seiner Anfrage jederzeit nachverfolgen kann. Ein wichtiger Schritt in der Ausrichtung der Kommunikation der betrieblichen Altersversorgung hin zu mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Weitere Projekte, die auf der Agenda stehen, sind unter anderem Dialogmöglichkeiten der Nutzer zu einzelnen Bearbeitungstickets, Feedback zur Service Erfahrung, der weitere Ausbau von intuitiven Self-Services und die konsequente Nutzung des digitalen Austauschs von Dokumenten.

Fazit

Es ist ein bAV-Mitarbeiterportal entstanden, das durch eine umfassende Modernisierung einzigartige Funktionalitäten und zielgruppenspezifische Informationen bietet. In Sachen Nutzerorientierung haben die Partner Bosch und Willis Towers Watson damit das geschafft, was die Customer-Centricity-Vorreiter im Consumerbereich auszeichnet: einen deutschlandweiten Standard und gleichzeitig einen Maßstab im Bereich der bAV zu setzen.

Autoren

Director Corporate Pensions and Related Benefits, Robert Bosch GmbH

Senior Director Outsourcing Germany, Head of Software & Design

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