Mit Hauptinhalt fortfahren
Artikel | Benefits Perspectives

General Motors nutzt den passenden Moment 

Auslagerung der Rentenverwaltung hebt Effizienzpotenziale

23. Oktober 2019

Nach dem Verkauf der Töchter Opel und Vauxhall war der US-Automobilhersteller auf der Suche nach einer Lösung für die Verwaltung der betrieblichen Altersversorgung seiner ehemaligen Töchter. Basierend auf der Gründung einer Rentnergesellschaft durch GM hat Willis Towers Watson ein für die Administration passendes Konzept erarbeitet und erfolgreich umgesetzt.
Retirement
N/A

In vielen Branchen ist die Wettbewerbs- und Marktsituation von hoher Dynamik geprägt. Merger, Abspaltungen oder die Verlagerung von Produktionsstandorten sind Optionen, mit denen sich viele Unternehmen im Zuge ihres Veränderungsmanagements dauerhaft beschäftigen. Regelmäßig diskutieren Unternehmensverantwortliche dabei auch die (mögliche) Auslagerung der betrieblichen Altersversorgung – etwa dann, wenn im Rahmen einer Akquisition ein fremder Bestand an Betriebsrenten „mitgekauft“ wurde oder wenn bei einem Verkauf von Unternehmensteilen die Betriebsrentner der Tochter im Konzern verbleiben. Mitunter sind es aber auch personelle Veränderungen, die den Anstoß geben – etwa, wenn die mit der Verwaltung betrauten Fachkräfte in den Ruhestand gehen und damit wertvolles Know-how für das Unternehmen verloren geht. Ein Outsourcing der Betriebsrenten wird in diesen und vielen anderen denkbaren Szenarien zu einer überlegenswerten Option. Wird in diesem Zug eine individuelle, passgenaue Lösung für das Unternehmen entwickelt, geht damit in der Regel auch eine Verschlankung von Prozessen und häufig eine effizientere Verwaltung des gesamten Bestands an Betriebsrentnern einher. So entsteht ein ökonomischer Mehrwert für alle Beteiligten.

Großes Mengengerüst

Für eine solche Lösung entschied sich auch General Motors (GM), nachdem vor zwei Jahren der französische Autokonzern PSA den Geschäftsbetrieb der Marken Opel und Vauxhall übernommen hatte. Fester Bestandteil der Transaktion, die im August 2017 abgeschlossen wurde, war, dass der Betriebsrentnerbestand und die bis dahin mit unverfallbaren Ansprüchen ausgeschiedenen Mitarbeiter beider Konzerntöchter bei GM verblieben. Dabei handelt es sich um eine für europäische Verhältnisse durchaus beachtenswerte Zahl von insgesamt 40.000 Rentnern, davon 1.700 im Ausland lebend. Darüber hinaus waren noch etwa 10.000 ehemalige Mitarbeiter mit unverfallbaren Anwartschaften zu übernehmen.

Aus strategischen Gründen hat sich das GM-Management entschieden, den Betriebsrentenbestand zum 1. Januar 2019 vollständig auszugliedern. Neben der schieren Zahl ergab sich bei diesem Projekt eine zusätzliche Herausforderung daraus, dass – historisch bedingt – sechs unterschiedliche Versorgungspläne in das Übernahmekonzept zu integrieren waren. In der Verwaltungspraxis bedeutete das eine unterschiedliche Anpassung laufender Renten, aber zum Beispiel auch voneinander abweichende Regelungen zur Ermittlung der Hinterbliebenenansprüche. Zudem standen 250.000 Papierakten zur Lagerung beziehungsweise Archivierung an.

Sorgsame Analyse und Konzeptentwicklung

Willis Towers Watson hat im Rahmen eines sehr ambitionierten Zeitplans eine Lösung entwickelt und realisiert, die allen Vorgaben entspricht und diese in das Konzept integriert hat. Das methodische Vorgehen bestand dabei im ersten Schritt in einer Analyse des Datenbestands- und der Datenquellen. Die Frage war: Welche Problemstellungen ergeben sich daraus? Wo lässt sich „abspecken“?

Dabei stand im vorliegenden Fall die hohe Qualität der Vor-Provider zu keinem Zeitpunkt infrage. Ein Ereignis wie die komplette Übertragung eines Rentnerbestands stellt jedoch eine gute Gelegenheit dar, sich die gesamte gewachsene Verwaltungsstruktur sowohl aus interner als auch aus externer Perspektive genau anzusehen. Der Fokus lag darauf, Themen und Prozesse zu identifizieren, bei denen Vereinfachungs- und Verschlankungspotenziale bestanden. Das betraf im vorliegenden Fall zum Beispiel die große Menge an Papierakten, aber auch die Angleichung und Vereinfachung der divergierenden Anpassungsregelungen sowie die Zusammenführung von zuvor vier verschiedenen Administrationsstellen auf im Ergebnis eine Administrationseinheit, die Willis Towers Watson beratend begleitet hat.

Zu Anfang wurde gemeinsam mit GM und den bisherigen Providern eine Reihe von Workshops veranstaltet, in denen sich alle beteiligten Parteien austauschen und ihre Anforderungen formulieren konnten. Interviews mit den Fach- und Projektverantwortlichen rundeten diese Startphase ab. Außerdem wurden Datenbestände gesichtet und den Verantwortlichen zugeordnet. Alles zusammen bildete die Basis für das Lastenheft des Projektes. Dazu gehörte zum Beispiel die Übernahme der Serviceline, die zuvor in Polen angesiedelt war. Zusätzlich wurde eine Testphase vereinbart, in der Willis Towers Watson als neuer Provider die Abrechnung parallel vorgenommen hat, um die Qualität der Lösung zu überprüfen. Die Ergebnisse durften dabei nur minimal voneinander abweichen.

Governance nach internationalen Standards gewährleistet

Besonderheiten ergaben sich im Projekt auch daraus, dass die Governance sowohl über die USA als auch Großbritannien gewährleistet sein musste. Als Konsequenz waren Steuerungskomitee und Projektmanagement international besetzt. Ebenfalls zu beachten war die weitere Regelung des Firmenwagen-Angehörigengeschäfts. Solche und andere Deputate sind mit einer Reihe von steuerlichen Konsequenzen verbunden, die nach der Auslagerung relevant bleiben.

Insgesamt stand für die Implementierung und das Go-Live nur ein knappes Jahr zur Verfügung. Eine Einhaltung des Termins war unabdingbar erforderlich, da zu diesem Zeitpunkt die Verträge mit den Vor-Providern ausliefen. Auf Basis dieser Vorgaben bildete das Projektteam zunächst Teilprojekte und arbeitete Risiken heraus, die priorisiert wurden. Am Ende wurde ein Vorschlag in Form eines Projektplans erarbeitet, der dann in Meilensteinen abgearbeitet wurde.

Umfassende Datenintegration

Die administrative Hauptaufgabe und gleichzeitig größte Herausforderung bei der Realisierung bestand darin, die vorhandenen Daten aus verschiedenen Systemen – unter anderem auch aus dem Ausland – auf ein neues zentrales Abrechnungssystem zu migrieren. Dazu mussten die Bestände zuvor konsolidiert, bereinigt und vereinheitlicht werden. Technisch gesehen mussten dazu entsprechende Schnittstellen generiert werden, um darüber die Daten überzuleiten und zusammenzuführen. Dieser Prozessschritt war alles in allem zweifellos sehr aufwendig. Eine einheitliche Systemlandschaft bei hoher Datenqualität ist jedoch Grundlage für eine schlanke, effiziente Verwaltung.

Im vorliegenden Fall mussten dazu Datenbestände bei unterschiedlichen Providern angefordert werden. Dieser Prozess war bei allen beteiligten Stellen zu kommunizieren und administrieren. Dabei war zusätzlich zu berücksichtigen: Während der mehrmonatigen Migrationsphase ändern sich einzelne Daten laufend (z. B. die Kontaktdaten von Betriebsrentnern, Tod von Rentnern und Entstehen neuer Hinterbliebenenansprüche o. Ä.). Parallel erarbeitete das Projektteam eine Lösung, anhand derer die Papierakten kategorisiert wurden. Auf Basis klarer Kriterien und Regeln und in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wurde mit Hilfe eines Drittanbieters entschieden, welche Unterlagen entsorgt und welche aufbewahrt werden.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Akzeptanz von Auslagerungslösungen ist eine umfängliche und zeitnahe Kommunikation mit den Betroffenen. Auch die ausreichende Einbindung der Arbeitnehmervertreter ist dabei zu beachten. Alle betroffenen Rentner erhielten zu Anfang einen Initialbrief, der sie mehrsprachig über die Überleitung in eine Rentnergesellschaft informierte. Entstehende Unsicherheiten, die mit einem Übergang erfahrungsgemäß unweigerlich verbunden sind, wurden so reduziert. Eine telefonische Serviceline musste zeitgerecht eingerichtet werden und für Fragen zur Verfügung stehen. Auch hierbei mussten wie zuvor bei den Bestandsdaten Adress- und Personendaten aus verschiedenen Quellen bezogen und zusammengefasst werden.

Fazit

Woraus ergibt sich nach erfolgreicher Umsetzung des Projektes nun der Mehrwert für GM? Vordergründig zunächst daraus, dass Willis Towers Watson die komplette Rentenverwaltung übernimmt und alle relevanten Prozesse inklusive Reporting sicher laufen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass sich GM nicht mehr aktiv um das Themenfeld Betriebsrenten der ehemaligen Töchter kümmern und entsprechende Managementressourcen dafür vorhalten muss. Lediglich bei wesentlichen Entscheidungen ist das Management gefragt, eine gemeinsame strategische Linie festzulegen. Durch die Zusammenführung der bisher auf drei Dienstleister verteilten Prozesse wurden mit dem Outsourcing bestehende Verschlankungspotenziale gehoben und der über die Jahre gewachsene Datenbestand ist bereinigt worden. So besteht am Ende ein effizienter, kostengünstiger Verwaltungsprozess.

Download
Titel Dateityp Dateigröße
2019 Benefits Magazin Oktober PDF 3.2 MB
Contact Us