Mit Hauptinhalt fortfahren
main content, press tab to continue
Pressemitteilungen

Neue Institutsvergütungs-
verordnung: 
Erwartbare Anpassungen und kleine Highlights

5. Oktober 2021

Neue Regelungen bedeuten für Banken kaum Erleichterungen, aber weiteren administrativen Aufwand. Bonusregelungen werden komplizierter.
Ukupne nagrade |Employee Experience|Health and Benefits
N/A

FRANKFURT AM MAIN, 4. Oktober 2021 – Mit den aktuellen Änderungen an der Institutsvergütungsverordnung (IVV) werden maßgeblich Reformen auf der europäischen Ebene umgesetzt. Mit der Verabschiedung des Risikoreduzierungsgesetzes Anfang November 2020 wurden die Aktualisierungen aus der Capital Requirements Directive V (CRD V) sowie der Capital Requirements Regulation II (CRR II) bereits in die deutsche Gesetzgebung verankert. Dies geschah maßgeblich über das Kreditwesengesetz (KWG) und Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG). Die regulatorischen Änderungen zum Thema Vergütung werden nun in der neuen Institutsvergütungsverordnung aufgegriffen.

„Die Regelungen für Boni in Banken werden damit weiter verschärft“, sagt Florian Frank, Leiter Talent & Rewards bei Willis Towers Watson. „Dies war grundsätzlich zu erwarten. Insgesamt wird damit die Regulierung von Bonuszahlungen noch komplizierter als vorher“, gibt der Vergütungsexperte zu bedenken. In der Rückschau zeigt sich laut Frank folgendes: „Wir kommen aus einer starken Liberalisierung und ‚Unterregelung‘, die auch zur Entstehung der Finanzkrise beigetragen hat. Seitdem schlägt das Pendel kontinuierlich in das andere Extrem, der ‚Überregulierung‘ aus.“ Diese hat, so der Vergütungsexperte, auch ihre Schattenseiten: „Innovative oder agile Vergütungsansätze, wie sie in der breiten Industrie und jungen Unternehmen getestet werden, sind in Banken nun schon seit Jahren nicht mehr möglich.“

Proportionalitäts-
prinzip unverändert umgesetzt

Die Umsetzung des Proportionalitätsprinzips bleibt weitestgehend unverändert. Der Schwellenwert bleibt weiterhin bei einem durchschnittlichen Wert der Bilanzsumme von 15 Mrd. Euro pro Geschäftsjahr. Der Bemessungszeitraum wurde allerdings von den letzten drei auf die letzten vier Geschäftsjahre ausgedehnt (§ 1 Abs. 3c KWG). Der § 1 Abs. 3 IVV wurde jedoch dahin gehend ergänzt, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch nicht-bedeutende CRR Institute die Anforderungen an bedeutende Institute erfüllen müssen. 


Dies gilt, wenn es sich bspw. um ein übergeordnetes Unternehmen handelt, dessen Bilanzsumme auf (teil)konsolidierter Basis mehr als 30 Mrd. Euro erreicht oder etwa über ein besonderes Risikoprofil verfügt (z. B. umfangreiche Handelstätigkeit, hohe Derivatebestände). Dabei sind die besonderen Anforderungen nicht vollumfänglich zu erfüllen. So ist es nicht erforderlich, für die Bemessung der variablen Vergütung bspw. eine dreijährige Bemessungsperiode zugrunde zu legen. 

Nach einer starken Liberalisierung und ‚Unterregelung‘, die auch zur Entstehung der Finanzkrise beigetragen haben, schlägt das Pendel nun in das andere Extrem, die ‚Überregulierung‘ aus.

Florian Frank,
Leiter Talent & Rewards bei Willis Towers Watson

Sicherstellung einer geschlechts-
neutralen Vergütungspolitik

Artikel 92 der CRD V gibt in Abs. 2aa vor, dass die anzuwendende Vergütungspolitik und -praxis geschlechtsneutral zu sein hat. Neben der Verankerung im KWG beinhalten die Änderungen der IVV in § 5 Abs. 1 Nr. 6 IVV, dass eine angemessene Ausgestaltung der Vergütungssysteme eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts ausschließt. 

Trennung des Bereichs Personal und der Kontrolleinheiten

In § 2 Abs. 11 IVV, welcher den Begriff der Kontrolleinheiten bestimmt, wird die explizite Nennung des Bereichs Personals als Kontrolleinheit herausgenommen. Eine Separierung der Kontrolleinheiten und des Bereichs Personal wird auch durch die Aufnahme der Organisationseinheit Personal zuzüglich zu den Kontrolleinheiten im Rahmen der Beteiligung bei der Ausgestaltung und Überwachung der Vergütungssysteme untermauert (vgl. § 2 Abs. 3; §11 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 IVV). Damit finden die Anforderungen des § 9 IVV zur Begrenzung der variablen Vergütung von Mitarbeitern der Kontrolleinheiten auf den Bereich Personal nun keine Anwendung mehr. Der Risikoträgerstatus der für Personal bzw. der für die Erarbeitung und Umsetzung der Vergütungspolitik verantwortlichen Führungskräfte in bedeutenden Instituten entsprechend Artikel 5 der Delegierten Verordnung (EU) 2021/923 bleibt davon unbenommen.

Ausweitung der Offenlegungspflicht für kleine Institute

Institute, die weder bedeutende Institute sind noch in den Anwendungsbereich von Artikel 433b Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 fallen, haben den Gesamtbetrag aller Vergütungen, unterteilt in fixe und variable Vergütung sowie die Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung offenzulegen. 

Risikoträger auch in nicht bedeutenden Instituten zu identifizieren

Ergänzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/923, sind die Grundlagen zur Identifikation der relevanten Risikoträger bereits im KWG verankert (§ 1 Abs. 21 und § 25a Abs. 5b Satz 1 und 2 KWG) und von den Instituten zu berücksichtigen. Dies stellt folglich eine Verschärfung dar, da nun auch nicht-bedeutende Institute auf Grundlage der KWG-Vorgaben Risikoträger identifizieren (§ 1 Abs. 21, § 25a Abs. 5b Satz 1 KWG) und deren Vergütung offenlegen müssen. Dies sind für alle Institute grundsätzlich die Mitglieder des Aufsichtsgremiums und der Geschäftsleitung. 
Weiter gelten alle direkt an die Geschäftsleitung berichtenden Führungskräfte und Führungskräfte, die wesentliche Geschäftsbereiche oder Kontrollfunktionen leiten, als Risikoträger sowie Mitarbeiter mit einer Gesamtvergütung ab 500.000 Euro im Vorjahr (§ 25a Abs. 5b Satz 1 KWG). Die Identifikation weiterer Risikoträger gemäß Delegierter Verordnung (EU) 2021/923 ist nur von bedeutenden Instituten durchzuführen. Auch die besonderen Anforderungen der § 18 Abs. 3 bis 5 und der §§ 19 bis 22 IVV finden weiterhin nur für die Risikoträger von bedeutenden Instituten und der gesondert definierten nicht bedeutenden Instituten unter § 1 Abs. 3 IVV Anwendung. 

Verlängerung der Mindest-Aufschiebefrist für die variable Vergütung

In Zukunft gilt für Risikoträger eine verlängerte Mindest-Aufschiebefrist des zurückbehaltenen Anteils der variablen Vergütung, anstatt von drei Jahren von nun mindestens vier Jahren (§ 20 Abs. 1 Satz 1 IVV). Für die Geschäftsleitung und die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgelagerten Führungsebene muss dieser Zeitraum mindestens fünf Jahre umfassen. Die beschriebene Aufschiebung der Auszahlung der variablen Vergütung von Risikoträgern ist jedoch nicht anzuwenden, wenn die variable Vergütung des Risikoträgers für ein Geschäftsjahr unterhalb der Freigrenze von 50.000 Euro liegt, sofern diese nicht mehr als ein Drittel der jeweiligen Gesamtjahresvergütung ausmacht. 

Ausweitung der Inhalte und des Anwendungsbereichs der gruppenweiten Vergütungsstrategie

Die gruppenweite Vergütungsstrategie hat zukünftig sicherzustellen, dass die Vergütungssysteme transparent, geschlechterneutral sowie auf eine nachhaltige Entwicklung der Gruppe ausgerichtet sind. Die Vergütungsstrategie eines übergeordneten Unternehmens einer Gruppe ist zukünftig für alle Mitarbeiter der gruppenangehörigen Unternehmen konzernweit umzusetzen und nicht nur für die nachgelagerten Tochter-
unternehmen des Konsolidierungskreises (§ 27 Abs. 1 Satz 1 IVV). 

Die Mitarbeiter von gruppenangehörigen Kapitalverwaltungs-
gesellschaften und in Abhängigkeit der Größe und Komplexität auch die Mitarbeiter von gruppenangehörigen Wertpapierfirmen sind weiterhin von den Vergütungsvorschriften des KWG und der IVV ausgenommen, insofern die betroffenen Mitarbeiter keinen wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil oder die Geschäftstätigkeit eines Instituts der Gruppe haben. Damit bleiben z. B. die Geschäftsleitungen nachgelagerter Kapitalverwaltungs-
gesellschaften nicht mehr per se von der Anwendung der gruppenweiten Vergütungspolitik ausgenommen. Hier wird insbesondere die daraus resultierende Begrenzung der variablen Vergütung von praktischer Relevanz sein. 

Fazit

Die Umsetzung des Proportionalitätsprinzips bleibt weitestgehend unverändert. Von der Möglichkeit einer Verschärfung gemäß den Regelungen der CRD V wird nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht. Die Anforderungen hinsichtlich der Identifikation von Risikoträgern werden allerdings ausgeweitet auf nicht bedeutende Institute, was mit erhöhtem administrativem Aufwand verbunden ist. Im Falle der Anwendbarkeit des neuen § 1 Abs. 3 IVV kann für diese Risikoträger mit kleinen Erleichterungen auch die Umsetzung der besonderen Anforderungen erforderlich sein. Die Verlängerung der Mindest-Aufschiebungsdauer der variablen Vergütung für Risikoträger wird einen erhöhten administrativen und Abstimmungsaufwand mit sich bringen, da individualvertragliche bzw. kollektivrechtliche Regelungen angepasst werden müssen. Eine weitere Verschärfung stellt der Einbezug von Gruppenunternehmen mit eigenen sektoralen Regelungen in die Identifikation von Gruppen-Risikoträgern dar.
Die verabschiedeten Neuerungen gelten unmittelbar für die Institute. Insgesamt bringen diese kaum Erleichterungen, aber weiteren administrativen Aufwand für die Institute. Des Weiteren bleibt abzuwarten, welche zusätzlichen Änderungen durch die Anpassungen der Auslegungshilfe der Institutsvergütungs-
verordnung auf die Institute zukommen.  

Über Willis Towers Watson

Willis Towers Watson (NASDAQ: WLTW) gehört zu den weltweit führenden Unternehmen in den Bereichen Advisory, Broking und Solutions. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, aus Risiken nachhaltiges Wachstum zu generieren. Unsere Wurzeln reichen bis in das Jahr 1828 zurück – heute ist Willis Towers Watson mit 45.000 Mitarbeitern in über 140 Ländern und Märkten aktiv. Wir gestalten und liefern Lösungen, die Risiken beherrschbar machen, Investitionen in die Mitarbeiter optimieren, Talente fördern und die Kapitalkraft steigern. So schützen und stärken wir Unternehmen und Mitarbeiter. Unsere einzigartige Perspektive bietet uns einen Blick auf die erfolgskritische Verbindung personalwirtschaftlicher Chancen, finanzwirtschaftlicher Möglichkeiten und innovativem Wissen – die dynamische Formel, um die Unternehmens-
performance zu steigern. Gemeinsam machen wir Potenziale produktiv.

Contact us