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Wohneigentumsförderung in verschiedenen Lebenslagen

360°Vorsorge I News

Von Angelica Meuli und Evelyn Schilter | 23. November 2022

Wohneigentumsförderung (WEF) – wichtige Fragen und ein Ueberblick über die Voraussetzungen der Wohneigentumsförderung.
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Die Wohneigentumsförderung (WEF), sei es durch Vorbezug (Art. 30c BVG) oder Verpfändung (Art. 30b BVG), zielt darauf ab, den Erwerb von Wohneigentum für den «Eigenbedarf» zu erleichtern (vgl. untenstehende Übersicht über die Voraussetzungen). Wohneigentum wird als zweckmässige Vorsorgeform angesehen, weil Versicherte im Ruhestand von Wohnkosten entlastet werden und Wohneigentum sich längerfristig durch Widerstandskraft gegen die Geldentwertung auszeichnet.

In der Praxis stellen sich vielfältige Fragen. Wir nehmen einige davon auf und beantworten diese nachfolgend aus Sicht des Versicherten.

Welche Möglichkeiten bietet die WEF?

Sie haben die Möglichkeit, einen Teil oder Ihr gesamtes Vorsorgeguthaben vorzubeziehen, um den Kauf Ihres Eigenheims zu finanzieren. Zusätzlich können Sie entweder Ihren Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe Ihrer Freizügigkeitsleistung (Vorsorgeguthaben) verpfänden.

Was ist, wenn ich mein Haus vermiete?

Wenn Sie Ihr Eigenheim später vermieten, besteht keine Verpflichtung, die WEF-Vorbezüge zurückzuzahlen. Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Vermietung eines mittels WEF-Vorbezugs erworbenen und während Jahren selbst bewohnten Eigenheims mit unbefristetem Mietvertrag, der von beiden Parteien mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden kann, kein Recht einräumt, welches wirtschaftlich einer Veräusserung gleichkommt. Sie sind daher nicht verpflichtet, den Vorbezug zurückzuzahlen.

Ich möchte ein Haus im Ausland kaufen, arbeite aber in der Schweiz. Darf ich das?

Wenn Sie eine B- oder C-Bewilligung haben und in der Schweiz leben, ohne einen Wohnsitz zu begründen (wie ein Saisonnier), können Sie einen Vorbezug für den Bau Ihrer Familienwohnung in Ihrem Herkunftsland beziehen. Voraussetzung dafür ist, dass Ihre gesamte Familie (Partner und Kinder) in Ihrem Heimatland geblieben ist und Sie regelmässig zu Ihrer Familie zurückkehren. Die Voraussetzung der regelmässigen Rückkehr ist erfüllt, wenn Sie «wann immer es Ihnen unter Berücksichtigung der beruflichen, geographischen und finanziellen Umstände möglich ist, mindestens aber einmal im Jahr während Ihres Jahresurlaubs» nach Hause reisen. Wenn Sie hingegen eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen und in der Schweiz Wohnsitz haben, können Sie Ihr Vorsorgeguthaben nicht für den Bau Ihres Hauses in Ihrem Heimatland verwenden, selbst wenn Ihre Familie dort lebt.

Ich bin französischer Grenzgänger und lebe im Konkubinat. Ich würde gerne ein Haus im gemeinschaftlichen Eigentum erwerben, ist das möglich?

Im französischen Recht gibt es das Miteigentum nicht und Konkubinatspartner können lediglich in der Form von gemeinschaftlichem Eigentum («indivision») Grundeigentum zur Hälfte erwerben. Wenn Ihre Vorsorgeeinrichtung einen Antrag auf Vorbezug ablehnt, weil Sie als Grenzgänger im Konkubinat leben, mit der Begründung, dass nur die Form des Miteigentums nach Art. 2 Abs. 2 Bst. b WEFV vorgesehen sei, dann verstösst sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie muss einen Vorbezug zulassen, wenn es eine Ähnlichkeit zwischen der schweizerischen und einer ausländischen Rechtsordnung gibt, wie dies beim Miteigentum nach schweizerischem Recht und dem gemeinschaftlichen Eigentum nach französischem Recht der Fall ist.

Was ist, wenn es im Land, in dem ich lebe, kein Grundbuch gibt?

Wenn sich Ihr Eigenheim im Ausland befindet und es nicht möglich ist, die Veräusserungsbeschränkung im Grundbuch einzutragen, kann Ihre Vorsorgeeinrichtung stattdessen eine notarielle Urkunde oder eine Bescheinigung von der Gemeinde, in der sich Ihre Immobilie befindet, oder von der Bank verlangen, dass der beantragte Betrag für den Erwerb von Wohneigentum verwendet wird. Teilweise gibt es auch im Ausland Dienststellen oder Register, welche Nachweise über Grundeigentum erbringen können.

Kann ich eine Zweitwohnung erwerben?

Vorsorgeguthaben dürfen nicht für den Erwerb einer Zweitwohnung verwendet werden. Dasselbe gilt für die Finanzierung einer Zweitwohnung oder eines Ferienhauses, das später zu Ihrer Hauptwohnung werden soll. Es ist somit ausgeschlossen, Ihr Vorsorgeguthaben für den Erwerb einer Zweitwohnung zu verwenden. Ausserdem darf Ihr Vorsorgeguthaben jeweils nur für ein Objekt verwendet werden (Art. 1 Abs. 2 WEFV). Sie können also nicht mit Hilfe von WEF-Vorbezügen in Ihre Hauptwohnung und Ihre Zweitwohnung investieren. Wenn Sie hingegen später in Ihre Zweitwohnung ziehen und sie zur Hauptwohnung machen, können Sie den für die bisherige Hauptwohnung gemachten Vorbezug auf die neue Hauptwohnung übertragen lassen.

Ich ziehe bald ins Ausland und möchte dort ein Haus kaufen, geht das?

Wenn Sie mit entsprechenden Belegen glaubwürdig nachweisen, dass Sie in naher Zukunft im Ausland Wohnsitz nehmen, ein Eigenheim erwerben und selbst bewohnen werden, kann Ihre Vorsorgeeinrichtung einen Vorbezug zulassen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren oder ins Ausland umziehen.

Es reicht, ich will mich scheiden lassen. Was passiert, wenn ich einen Teil der Familienwohnung mit meinem während der Ehe erworbenen Vorsorgeguthaben finanziert habe?

Im Falle eines WEF-Vorbezuges und späterer Schei­dung muss das Gericht für den Vorsorgeausgleich bei Scheidung von Amtes wegen prüfen, ob bei der Veräusserung der Familienwohnung ein Verlust absehbar ist, der die Rückzahlung des Vorbezugs verunmöglichen könnte (Art. 30d Abs. 5 BVG). Ihr Vorbezug aus Ihrem Vorsorgeguthaben darf nicht in die Teilung einbezogen werden, ohne dass sich der Richter vorher vergewissert hat, dass der Betrag an Ihre Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt werden kann (Art. 30d BVG). Dies gilt insbesondere, wenn dem Gericht bekannt ist, dass der Verkauf der Familienwohnung nicht nur zum Gesamtverlust des bezogenen Betrags führen wird, sondern auch eine Bankschuld bestehen bleibt.

Übersicht über die Voraussetzungen der Wohneigentumsförderung

  1. Verwendung nur zum Erwerb oder Bau von Wohneigentum, zum Erwerb von Beteiligungen an Wohneigentum oder zur Rückzahlung von Hypothekardarlehen (vgl. Art. 1 Abs. 1 Bst. a bis c WEFV). Es kann auch zur Finanzierung wichtiger Arbeiten verwendet werden, die den Wert des Wohneigentums steigern oder einen Wertverlust des Wohneigentums verhindern, d. h. Renovierungsarbeiten.
  2. Nutzung der Immobilie für den Eigenbedarf, wobei zu beachten ist, dass der WEF-Vorbezug nur zur Finanzierung des Erwerbs der Hauptwohnung des Versicherten in der Schweiz oder im Ausland dienen kann, nicht aber für eine Zweitwohnung (Art. 4 Abs. 1 WEFV). Es sei daran erinnert, dass der WEF-Vorbezug nicht von den bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU/EFTA erfasst wird (vgl. Art. 25f FZG). Die Vorsorgeguthaben dürfen gleichzeitig nur für ein Objekt verwendet werden (Art. 1 Abs. 2 WEFV). Dabei muss es sich immer um eine Immobilie handeln, die als solche im Grundbuch eingetragen ist (also eine Wohnung oder ein Haus: Art. 2 Abs. 1 WEFV).
  3. Ein einziger WEF-Vorbezug alle 5 Jahre (Art. 5 Abs. 3 WEFV). Diese Frist gilt für jede Vorsorgeeinrichtung separat. Der Vorbezug kann bis spätestens 3 Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen geltend gemacht werden (Art. 30c Abs. 1 BVG). Die Rückzahlung ist bis zur Entstehung des reglementarischen Anspruchs auf Altersleistungen zulässig (Art. 30d Abs. 3 BVG).
  4. Umfassende Liste der zulässigen Eigentumsformen (Art. 2 Abs. 2 und 3 WEFV), insbesondere: Eigentum, Miteigentum, gemeinsames Eigentum der versicherten Person mit ihrem Ehepartner, Erwerb von Anteilscheinen einer Wohnbaugenossenschaft.
  5. Mindestbetrag CHF 20’000; dieser Mindestbetrag gilt nicht für den Erwerb von Anteilscheinen an Wohnbaugenossenschaften und von ähnlichen Beteiligungsformen und auch nicht für Ansprüche gegenüber einer Freizügigkeitseinrichtung (Art. 5 Abs. 1 WEFV). Der Betrag darf nicht direkt an den Versicherten ausgezahlt werden. Die Vorsorgeeinrichtung zahlt den Vorbezug nach Vorlage der entsprechenden Belege und im Einverständnis mit dem Versicherten direkt an den Verkäufer, Ersteller, Darlehensgeber oder Begünstigten (Art. 6 Abs. 2 WEFV).
  6. Einschränkungen möglich bei Unterdeckung der Vorsorgeeinrichtung (Art. 30f BVG und 6a WEFV; siehe auch Art. 30c Abs. 7 BVG und 6 Abs. 4 WEFV bei Liquiditätsproblemen).
  7. Die Bedingungen für die Vergabe von Hypothekardarlehen durch Banken sind seit dem 1. Juli 2012 restriktiver geworden. Es gelten strengere Anforderungen bezüglich Eigenmitteln: Der Versicherte muss mindestens 10 Prozent Eigenmittel beibringen, die nicht aus der zweiten Säule stammen, um ein Hypothekardarlehen zu erhalten (Art. 72 Abs. 5 Eigenmittelverordnung).
Autoren

Senior Legal Consultant

Head of Legal Retirement

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