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Thema

Ukraine-Krise

Die Krise in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf den Versicherungsschutz. Erfahren Sie, was das für einzelne Versicherungssparten bedeutet.

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Die aktuelle Krise in der Ukraine ist schockierend und erschütternd. Sie verursacht nicht nur großes menschliches Leid, sondern hat auch massive Auswirkungen auf die Wirtschaft. Für international tätige Unternehmen stellen sich aufgrund der weitreichend verhängten Sanktionen gegen Russland zahlreiche Fragen zu ihren weltweit geltenden Versicherungsdeckungen. Wie sich die Ukraine-Krise auf den Versicherungsschutz von Unternehmen in einzelnen Sparten auswirkt, haben wir für Sie zusammengefasst.

Versicherungsschutz in Russland und der Ukraine – die wichtigsten Fragen und Antworten


  1. 01

    Inwieweit beschränken die Sanktionen/Embargos den Versicherungsschutz, insbesondere die in Russland gelegenen Risiken? 

    Die verhängten Sanktionen und Handelsembargos sind vielseitig und richten sich u. a. gegen:

    • Personen, Firmen, Einrichtungen oder Organisationen,
    • Einfuhr- oder Ausfuhrverbote bestimmter Warengruppen (u. a. Ausfuhr von Dual-Use-Gütern, Gütern, die dazu beitragen könnten, dass Russland technologische Verbesserungen in seinem Verteidigungs- und Sicherheitssektor erzielt) oder Dienstleistungen,
    • russische Luftfahrtfahrzeuge (Start, Landung, Überflug),
    • den Finanzsektor.

    In den Versicherungsverträgen haben sich mittlerweile Sanktionsklauseln etabliert. Aber auch wenn ein Versicherungsvertrag keine Sanktionsklausel beinhaltet, gelten die Sanktionen der EU unmittelbar. Für jenen Teil des versicherten Risikos, der sanktioniert ist, droht der Verlust des Versicherungsschutzes. 

    Unabhängig vom Schutz besteht durch die Sanktionierung des Finanzsektors – der Herausnahme von russischen Banken aus dem SWIFT-System – die Herausforderung, die Entschädigungsleistung nach Russland zu transferieren. Es ist daher davon auszugehen, dass etwaige Leistungen nur in Deutschland zur Auszahlung kommen. 


  2. 02

    Können in Russland gelegene Risiken aktuell versichert werden?

    Russland gilt als ein so genanntes Non-Admitted-Verbotsland, d. h. Versicherungsschutz aus dem Ausland für in Russland belegene Risiken bzw. Unternehmen ist laut russischem Recht verboten. Insofern ist der Abschluss einer lokalen Versicherungspolice (in Form einer lokalen Fronting Police über ein internationales Versicherungsprogramm oder einer lokalen Stand-Alone-Police) erforderlich. In Ergänzung zur lokalen Police kann für Tochterunternehmen von deutschen Muttergesellschaften eine Bilanzschutzdeckung (FinC-Deckung) abgeschlossen werden. Eine solche Deckung bietet für die Muttergesellschaft Versicherungsschutz für das finanzielle Interesse an der Tochter. Die Tochtergesellschaft selbst gilt aber nicht als mitversichert.

    Per 14.03.2022 ist es gemäß russischem Gesetz untersagt, Versicherungs- und Rückversicherungsschutz für in Russland belegene Risiken oder Interessen aus einem „unfreundlichen Staat“ heraus vorzuenthalten. Deutschland zählt zu den „unfreundlichen Staaten“, aufgrund der angeordneten Sanktionen.

    Welche Auswirkungen hat das für die Vertragsverlängerungen?

    Lokale Fronting-Policen im Rahmen eines internationalen Versicherungsprogrammes können nicht mehr verlängert werden. Das gilt auch für lokale Stand-Alone-Policen bei einem internationalen Versicherer. Einzige Möglichkeit, den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten, ist die Platzierung einer Stand-Alone-Police über einen in Russland ansässigen lizenzierten Versicherer. Aufgrund des Verfalls des russischen Rubels sollte auch geprüft werden, ob eine Ausstellung der Stand-Alone-Police in USD oder EUR möglich ist. 

    Bereits vor dem 14.03.2022 konnte bei unterjährigen Erneuerungsrunden beobachtet werden, dass erste Versicherer den Versicherungsschutz für Risiken in Russland gänzlich untersagen. Sie gewährten diesen weder in Form einer FinC-Deckung noch über eine lokale Versicherungspolice über ihr Netzwerk. Risiken in Russland werden weitestgehend isoliert, so dass eine Absicherung über ein internationales Versicherungsprogramm zunehmend erschwert bzw. unmöglich gemacht wurde.

    Da aufgrund der aktuellen Ereignisse sowohl Versicherer als auch Versicherungsmakler ihre lokalen Geschäfte einstellen oder ihre lokalen Gesellschaften verkaufen, sollte perspektivisch mit der Betreuung lokaler Versicherungspolicen ein rein russischer Makler betraut werden.  


  3. 03

    Besteht Versicherungsschutz für Versicherungsfälle durch Krieg bzw. kriegsähnliche Ereignisse, vor allem für Risiken in der Ukraine?

    Grundsätzlich gilt in den Versicherungspolicen mit einem weltweiten Geltungsbereich ein Kriegsausschluss als vereinbart. Damit sind Schäden, die mittelbar oder unmittelbar durch Krieg oder kriegsähnliche Handlungen entstehen, ausgeschlossen. Dies umfasst auch Handlungen zur Verhinderung, Bekämpfung oder Abwehr eines tatsächlichen, bevorstehenden oder erwarteten Angriffs. 

    Der Kriegsausschluss gilt global; insofern sind Schäden durch Krieg generell ausgeschlossen und nicht auf das jeweilige unmittelbare Kriegsgebiet beschränkt. 
    Eine Ausnahme bildet die Transport-Versicherung, welche See- und Lufttransporte im internationalen Verkehr einschließt. 

    Allerdings stellen einige Versicherer derzeit ihren Geschäftsbetrieb in der Ukraine komplett ein und bieten auch keinen Versicherungsschutz mehr für neue Risiken oder die Verlängerung bestehender Verträge.


Da die aktuelle Situation dynamisch ist und sich jederzeit verändern bzw. weiter verschärfen kann, sollten die Informationen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle immer wieder herangezogen werden. Wir empfehlen Versicherungsnehmern darüber hinaus – und im Hinblick auf ihren individuellen Versicherungsvertrag – die Abstimmung mit dem jeweiligen Versicherer und dem Makler vorzunehmen. Für inhaltliche und rechtliche Fragen zu Sanktionen und deren Auswirkungen auf Ihr Unternehmen kontaktieren Sie bitte Ihren eigenen Rechtsberater.

Bitte kontaktieren Sie uns

Wir weisen darauf hin, dass wir als Versicherungsmakler und Teil der Finanzindustrie verpflichtet sind, eigene Sanktionsprüfungen vorzunehmen. Die für unser Haus geltenden Bestimmungen können von eventuell Ihnen erteilten exportrechtlichen Genehmigungen abweichen. Daher möchten wir Sie bitten, uns bei jedem Berührungspunkt mit sanktionierten Ländern oder Gütern, die Sie im Tagesgeschäft möglicherweise haben, unverzüglich zu informieren.


Wie wirkt sich die Krise auf den Versicherungsschutz in einzelnen Sparten aus?

Sach- und Ertragsausfallversicherung

Der Kriegsausschluss gilt auch für die Sach- und Ertragsausfallversicherung. Ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen sind Schäden durch Kriegsereignisse vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Auch die weiteren allgemeinen Ausführungen treffen auf die Sach- und Ertragsausfallversicherung zu.

Durch den Krieg in der Ukraine sind zahlreiche Unternehmen von Lieferausfällen/
-engpässen betroffen (z. B. kritische Rohstoffe), denn in der Ukraine produzierte Waren können nicht mehr geliefert werden. Darüber hinaus schließen Betriebe vor Ort, weil Mitarbeiter aus dem Land flüchten und die Produktion nicht aufrechterhalten werden kann. In der Folge drohen den Unternehmen Ertragsausfallschäden. Reine Lieferverzögerungen und/oder Betriebsschließungen sind im Rahmen der Sach- und Ertragsausfallversicherung nicht versichert, da ein vorangegangener versicherter Sachschaden als Voraussetzung für den Versicherungsschutz fehlt.

Dieser vorangegangene versicherte Sachschaden liegt nach wie vor vor, wenn z. B. ein Feuer beim Zulieferer ausbricht, das nicht durch den Krieg verursacht wurde. Sobald der Sachschaden beim Zulieferer durch den Krieg verursacht ist, besteht auch für den sich daraus ergebenen Ertragsausfallschaden (sog. Rückwirkungsschaden) kein Versicherungsschutz.

Technische Versicherungen / Montageversicherungen

Analog zur Sachversicherung beinhaltet die Montageversicherung einen Kriegsausschluss. Ob Schäden im Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen versichert gelten, ist im Einzelfall zu prüfen. Die im Markt gängigen Montage-/Versicherungspolicen sehen feste Ablauftermine vor, die jetzt kaum zu halten sind. Vor dem Hintergrund der Sanktionen ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Versicherungsschutz über den Ablauftermin hinaus bereitgestellt werden kann.

Haftpflichtversicherung

Die allgemeine Haftpflichtversicherung, zu der sowohl die Betriebs-, Produkt-, Umwelt- als auch die Berufshaftpflichtversicherung gehören, ist durch die Kriegsereignisse nur mittelbar betroffen. Zwar ist in den jeweiligen Versicherungssparten auch der genereller Ausschluss von Kriegs- und Terrorereignissen zu berücksichtigen – dennoch wirkt sich dieser auf die Versicherungssparten, die sich mit schadenersatzrechtlichen Themen befassen, nur mittelbar aus. Diesem Ausschluss folgend sind Ansprüche, die nachweislich auf Kriegs- oder Terrorakten beruhen, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Für Versicherungsnehmer sind es aber eher die mittelbaren Ereignisse, die den Versicherungsschutz tangieren. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass der Versicherungsnehmer seine Mitarbeiter nicht rechtzeitig warnt und in Sicherheit bringt, so dass die Mitarbeiter durch Kriegsereignisse zu Schaden kommen. Über eine Fürsorgepflichtverletzung könnten sich Schadenersatzansprüche ergeben. Gleiches gilt auch für die Umwelthaftpflichtversicherung, bei der es für die Verantwortung auch ausreichend sein kann, nur Halter der Umweltanlage zu sein. Auch wenn angenommen werden darf, dass die Kriegs- oder Terrorakte als Höhere Gewalt angesehen werden können, die sich haftungsentlastend auswirkt, bleibt zumindest ein Restrisiko.

Cyber-Versicherung

Im deutschsprachigen Cyber-Versicherungsmarkt gibt es eine Vielzahl verschiedener Kriegsausschlussklauseln. Ob im Schadenfall die jeweils einschlägige Ausschlussklausel greift, hängt nicht nur von deren Formulierung, sondern auch von den Merkmalen des Einzelfalls ab. Pauschale Aussagen zur Anwendbarkeit eines Kriegsausschlusses in der Cyber-Versicherung sind daher nicht möglich. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Beweislast für die Anwendbarkeit eines Ausschlusses beim Versicherer liegt. In der Praxis wird der Nachweis über den Zusammenhang eines Cyber-Schadenfalls mit dem Kriegsgeschehen bei einer deutschen Versicherungsnehmerin nicht einfach zu erbringen sein. Zudem werden im Markt einige Argumente diskutiert, welche gegen die Anwendbarkeit des Kriegsausschlusses im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise sprechen. Im Ergebnis sind deutsche Versicherungsnehmerinnen im Schadenfall gut aufgestellt, um ihre Ansprüche gegenüber den Versicherern durchsetzen zu können. Denkbar sind jedoch Leistungsausschlüsse aufgrund der verhängten Sanktionen.

Kfz-Versicherung

Auch in der Kraftfahrtversicherung werden angesichts der aktuellen Ereignisse häufiger Fragen nach dem Versicherungsschutz für deutsche Fahrzeuge gestellt. Wichtige Hinweise zur Kfz-Versicherung:

  1. Geographischer Geltungsbereich
    Der Versicherungsschutz nach den AKB gilt grundsätzlich mindestens innerhalb der geographischen Grenzen Europas. In der Praxis sind damit z. B. Fahrten nach Polen oder in die Ukraine vom Versicherungsschutz erfasst.
  2. Ausschlüsse von Schäden durch Kriegsereignisse
    • Kfz- Haftpflichtversicherung: In der Kfz-Haftpflichtversicherung sind Schäden durch Kriegsereignisse nicht ausgeschlossen.
    • Kaskoversicherung und andere Kfz-Sparten: In den anderen Sparten der Kraftfahrtversicherung sind Schäden durch Kriegsereignisse ausgeschlossen. Der Ausschluss ist sehr weit gefasst und bezieht sich nach der aktuellen Kommentierung z. B. auf unmittelbare Kampfhandlungen, auf einen Luftkrieg im Hinterland oder auf feindliche Besatzung und deren Maßnahmen während des Krieges. Sogar Schäden außerhalb des Operationsgebietes und des Gebietes der kriegsführenden Staaten sind umfasst.
Kreditversicherung

Der Russland-Ukraine-Konflikt trifft die Kreditversicherungsbranche mit voller Härte. Die Bundesregierung hat bereits am 24. Februar 2022 die Übernahme von Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen) des Bundes für Russland und Belarus bis auf weiteres ausgesetzt. Die privaten Kreditversicherer haben größtenteils ebenfalls sämtliche Limite auf Risiken in diesen Ländern gestrichen oder zumindest reduziert. Neue Deckungen sind derzeit nicht mehr möglich.

Versicherungsnehmer sollten prüfen, ob das politische Risiko als Deckung bzw. Versicherungsfall in ihrem Vertrag enthalten ist. Längst nicht jede Police beinhaltet diese. Oftmals beschränkt sich der Versicherungsschutz allein auf das wirtschaftliche Risiko wie z. B. die Zahlungsunfähigkeit bzw. den Nichtzahlungstatbestand. In dieser Situation muss der kausale Zusammenhang im Schadenfall geprüft werden. Erfolgte die Zahlungsunfähigkeit bzw. Nichtzahlung durch einen politischen Umstand? Oder waren ausschließlich wirtschaftliche Umstände ausschlaggebend? Wichtige Fragen und Antworten zur Kreditversicherung:

  1. Gibt es Ausschlüsse bei der Deckung des politischen Risikos?
    Die Formulierungen der einzelnen Versicherer unterscheiden sich. Grundsätzlich müssen die Vertragsinhalte individuell geprüft werden. Fast immer ist ein Ausschluss der Deckung bei kriegerischen Ereignissen zwischen den Ländern Russland, USA, China, Frankreich und Großbritannien vereinbart.
  2. Wenn ich jetzt noch ein Limit auf ein russisches Risiko habe, sind dann weitere, neue Lieferungen versichert?
    Diese Antwort bedarf einer Einzelfallprüfung. Die Versicherer verhalten sich hier ähnlich, aber im Einzelfall dennoch unterschiedlich. In den Versicherungsbedingungen wird immer auch auf negative Umstände oder negative Informationen sowie die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns hingewiesen. Wenn Sie zum Zeitpunkt der Lieferung bereits wissen oder vermuten, dass eine Zahlung nicht möglich ist – beispielsweise durch SWIFT-Ausschluss – so ist der Versicherungsschutz im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen im Allgemeinen bereits ausgeschlossen oder zumindest erheblich gefährdet. 

    Einige Versicherer fordern im Schadenfall den Nachweis, dass zum Zeitpunkt der Lieferung die Zahlungsmöglichkeit gesichert geprüft worden ist. Andere Anbieter wiederum setzen vor jeder weiteren Lieferung eine Abstimmung oder Genehmigung mit dem bzw. durch den Versicherer voraus. Hierbei wird dann u. a. auch die Zahlungsmöglichkeit geprüft. 
  3. Was passiert, wenn ich bei der Lieferung gegen geltende Sanktionen verstoße?
    Jeder Kreditversicherer weist in seinen Bedingungen auf die Einhaltung bestehender Sanktionen hin. Jeglicher Verstoß eines Versicherungsnehmers gegen Sanktionen führt in der Regel zum vollständigen Ausschluss des Versicherungsschutzes – unabhängig von der Einhaltung etwaiger Maßnahmen. Es ist deshalb dringend zu empfehlen, vor jeder Lieferung bzw. Auftragsannahme die geltenden Sanktionen zu prüfen.
  4. Gibt es Veränderungen bei den allgemeinen Obliegenheiten des Kreditversicherungsvertrages?
    Sämtliche vertraglich vereinbarten Obliegenheiten, Fristen usw. gelten auch während des Krieges weiter und sind zwingend einzuhalten. Fristverlängerungen (z. B. für Überfälligkeitsmeldungen), wie einige Versicherer sie zu Beginn der Pandemie eingeräumt hatten, wurden derzeit noch nicht ausgesprochen.

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