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Artikel | Risk Perspectives

Globale Krisen stellen Weltwirtschaft auf die Probe

Von Olga Losing-Malota | 15. September 2022

Die weltweiten Ereignisse stellen Unternehmen und Versicherer gleichermaßen vor große Herausforderungen. In der anstehenden Erneuerungsrunde sollten alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
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Auch die verheerende Flutkatastrophe „Bernd“ beherrschte – neben der Pandemie – den Versicherungsmarkt im vergangenen Jahr. Während es sich für die Versicherungswirtschaft weltweit um das Jahr mit den viertteuersten Naturkatastrophen handelte, war 2021 für die deutschen Versicherer sogar das teuerste Jahr ihrer Geschichte. Von den wirtschaftlichen Schäden her dürfte „Bernd“ nach Hurrikan „Ida“ das zweitteuerste Naturkatstrophenereignis weltweit gewesen sein.

Allerdings sind die Versicherungslücken bei Fluten in Europa hoch. So wird der Ruf nach einer Pflichtversicherung lauter und spaltet weiterhin die Gemüter. Denn aus Sicht der Versicherer birgt eine Pflichtversicherung auch viele Nachteile. Aus ihrer Sicht sollten Unternehmen in Präventionsmaßnahmen investieren anstatt in umfangreiche Versicherungslösungen. 

Folgt man den Prognosen von renommierten Klima-und Wetterforschern, war 2021 kein Ausnahmejahr, sondern markiert einen Trend. Viele der extremen Unwetterereignisse gehören in jene Kategorie, die durch den Klimawandel häufiger oder schwerer auftreten wird. Dazu zählen neben Starkregen und Hochwasser in Europa ebenso schwere Gewitter im Winterhalbjahr in den USA. Auch anhaltende Dürreperioden, wie sie aktuell auch Europa massiv betrifft, haben erhebliche Auswirkungen: Atomkraftwerke in Frankreich müssen heruntergefahren werden; in Deutschland ist der Rhein als die mit Abstand wichtigste Wasserstraße Europas aufgrund von teils Rekordniedrigwasser nur eingeschränkt schiffbar. Für verschiedene Industrien, wie zum Beispiel Stahl oder Chemie, sind unsere Wasserstraßen integraler Bestandteil der Supply Chain. 

Diese massiven Umweltveränderungen haben auch Folgen für die Risikoquantifizierung. Bisherige Risikomodelle sind zu überarbeiten: Da Unwetterereignisse häufiger auftreten als in der Vergangenheit, werden Risikobedarfsprämien zwangsläufig steigen und Kapazitäten für Naturgefahren tendenziell teurer. 

Die meisten Unternehmen und die Versicherungswirtschaft haben sich in jüngster Zeit dem Klimaschutz verschrieben. Im Underwriting nimmt die Nachfrage nach ESG-Kriterien bei Zeichnung eines Risikos zu. Aber gerade das Schadenmanagement bietet Möglichkeiten, wenn zum Beispiel ein nachhaltiger Wiederaufbau im Fokus steht. Folgt man allerdings aktuellen Untersuchungen, so stellt man fest, dass viele Versicherer jedoch selbst noch am Anfang dieser Transformation stehen.

Im Zuge der weltweiten Krisen nimmt das Risikomanagement eine zunehmend zentrale Rolle in Unternehmen ein. Erkennbar ist auch, dass Unternehmen zunehmend versuchen, ihre Risiken transparent zu erfassen, ihre Supply-Chain-Risiken zu identifizieren und Business-Continuity-Pläne zu erstellen. Cyber-Versicherungslösungen zum Beispiel sind ohne einen Risikodialog und Transparenz über die IT-Infrastruktur und -Sicherheit nicht mehr möglich.

Bedingt durch Pandemie und Cyber-Angriffe haben sich in den letzten Jahren schon zunehmend Ausschlussklauseln in den Versicherungsverträgen wiedergefunden. Durch den Ukraine-Krieg gibt es nun weitere Veränderungen in den Versicherungsbedingungen. Die Versicherer fordern umfangreiche Territorialausschlüsse für Russland, die Ukraine und Belarus.

Dies geschieht mit immer wieder sich verändernden Sanktionsklauseln. Zugleich müssen Unternehmen ihre Risiken in Russland lokal über den dort ansässigen Versicherungsmarkt absichern ohne die Möglichkeit einer Schutzdeckung (wie DIC / DIL oder ein Financial Interest Cover) über den Mastervertrag.

Abzuwarten bleibt, ob die Staatsgarantie für den deutschen Terrorversicherer Extremus zum Ende des Jahres verlängert wird. Ohne Staatsgarantie könnte Extremus seinen Geschäftsbetrieb wohl nicht aufrechterhalten. Unternehmen wären dann gezwungen, Kapazitäten im Versicherungsmarkt zu tendenziell höheren Prämien einzudecken. Fraglich ist zudem, ob die bisher von Extremus angebotenen Kapazitäten auch durch den Versicherungsmarkt in vergleichbarem Umfang zur Verfügung gestellt werden könnten.

Mit Blick auf die bevorstehende Erneuerungsrunde stellen die globalen Ereignisse alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Der allgemeine Trend zu Prämienerhöhungen wird anhalten, allerdings mit abschwächender Tendenz.

Der Versicherungsmarkt verändert sich aufgrund von neuen Risiken und was bereits in den vorherigen Erneuerungsrunden galt, gilt auch wieder in diesem Jahr: Zeitnahe Kommunikation und kreative Lösungen sind gefragt. 

Unternehmen sind gerade in dieser unruhigen Zeit daran interessiert, langfristige Partnerschaften einzugehen, die ihnen Planungssicherheit ermöglichen und sie bei der Bewältigung der Herausforderungen unterstützen. Auf der anderen Seite kann der bisherige Stellenwert des traditionellen Versicherungsmarktes nur in einem partnerschaftlichen Verhältnis mit der Industrie – und nicht gegen die Industrie – aufrechterhalten werden. Versicherer sind daher gut beraten, den Fokus nicht nur auf die allgemeine Prämienerhöhung zu richten.

 

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